Der neue Blick-Ableger in der Romandie und die EPFL arbeiten in Zukunft zusammen. Was von Ringier als Ausbau des Wissenschaftsjournalismus angepriesen wurde, sehen viele Wissenschaftsjournalisten als eine Verlängerung der Hochschulkommunikation in den redaktionellen Teil.
Gut eine Woche ist es her, seit Blick Romandie und die ETH Lausanne (EPFL) eine Partnerschaft angekündigt haben, um «Wissenschaftsjournalismus zu produzieren». Ab Juni wird die EPFL ihre News-Artikel dem neuen französischsprachigen Blick-Portal zur Verfügung stellen. Zudem erscheinen auf dem Portal regelmässig Artikel und Kolumnen, die eigenhändig von EPFL-Professoren verfasst wurden.
Nun steht der Schweizer Klub für Wissenschaftsjournalismus (SKWJ) auf die Hinterbeine. Zwar unterstütze man Initiativen, um wissenschaftliche Erkenntnisse in der Gesellschaft zu verbreiten. «In diesem Fall ist der Vorstand des SKWJ aber besorgt, dass institutionelle Kommunikationsarbeit und Wissenschaftsjournalismus allzu sehr miteinander vermengt werden», schreibt die Organisation am Freitag in einem Statement.
Und sie wird noch deutlicher: Das Modell, das sich Blick Romandie und EPFL ausgedacht haben, sei nicht weniger als «ein Tabubruch für ein Publikumsmedium». Denn hier schreiben «nicht unvoreingenommene Journalistinnen und Journalisten über wissenschaftliches Schaffen, sondern Vertreterinnen und Vertreter einer Hochschule über ihr eigenes Arbeitsfeld». Von einer unabhängigen Sicht auf die Forschung könne daher nicht die Rede sein.
Was für jede andere Form von Journalismus gilt, muss natürlich auch für den Wissenschaftsjournalismus gelten: Er muss unabhängig und unparteiisch sein. Bei der Melange von Blick und EPFL handelt es sich für den SKWJ daher nicht um einen Ausbau des Wissenschaftsjournalismus, wie es die Boulevard-Zeitung gerne haben möchte, sondern um eine «Erweiterung der institutionellen Kommunikation der EPFL».
Dass die Hochschulkommunikation wertvolles Rohmaterial für die Wissenschaftsjournalisten liefert, bestreitet der SKWJ nicht. Aber dies sei eben nur der Ausgangsstoff. Die kritische Beurteilung davon müsse von unabhängigen Journalistinnen und Journalisten erfolgen.
Und auch bei den Texten und Kolumnen aus der Feder der EPFL-Wissenschaftler werde es sich nicht um Artikel mit einer journalistischen Haltung handeln, da mögen die Autorinnen und Autoren noch so viel Schreibtalent haben.
Das Statement der Wissenschaftsjournalisten liest sich stellenweise wie ein Crashkurs für Akademiker in Sachen Journalismus: «Es stimmt, dass das Verständnis der Wissenschaft wichtig ist. Es ist der Schlüssel, um gesellschaftlich bedeutende wissenschaftliche Befunde richtig einzuordnen und sich eine Meinung dazu zu bilden.»
Allerdings sei Wissenschaftsjournalismus nicht nur dazu da, wissenschaftliche Phänomene zu erklären. «Er hat gerade auch die Aufgabe, die Wissenschaft zu hinterfragen und sie mit den Bedenken und der Kritik der Öffentlichkeit zu konfrontieren.»