Wie hatte doch Adrian Lobsiger, der oberste Datenschützer der Schweiz, kürzlich in einem Interview gesagt. Man solle sich die Zeit nehmen und auch das Kleingedruckte von Verträgen lesen, um unliebsame Überraschungen zu verhindern.
Dass sollten dieser Tage auch Swisscom-Kunden tun, die Post vom Telecom-Riesen bekommen haben. Unter dem Titel «Neue Möglichkeiten im Kundencenter und AGB-Änderungen fürs Festnetz» schmiert die Swisscom ihren Kunden zuerst einmal gehörig Honig um den Mund.
«Swisscom möchte Ihnen mit besten Services, Produkten und Dienstleistungen das Leben erleichtern. Die digitale Welt bietet dazu viele neue Möglichkeiten. Um diese zu nutzen und für unsere Kundschaft verfügbar zu machen, sind wir auf die Bearbeitungen von Dateien angewiesen.»
Beim Stichwort «Bearbeitung von Dateien» erschrickt der Swisscom-Kunde bereits zum ersten Mal.
Wer genauer wissen will, was die Swisscom damit meint, muss die Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Dienstleistungen von Swisscom für Privatkunden (AGB) sehr gründlich studieren.
Unter «Allgemeines» steht bei «Bearbeitung von Daten zur Leistungserbringung und Vertragsabwicklung»: «Swisscom erhebt, speichert und bearbeitet Personendaten ihrer Kunden, soweit die für die Verwaltung der Kundenbeziehung, die Erbringung ihrer Dienstleistungen, die Abwicklung von Bestellungen und Verträgen, die Rechnungsstellung, die Beantwortung von Fragen und Anliegen, die Unterstützung bei technischen Angelegenheiten sowie Evaluation, Verbesserung und Neuentwicklung von Swisscom Waren, Dienstleistungen und Funktionen erforderlich ist. Personendaten sind alle Angaben und Informationen, die sich auf eine bestimmte Person beziehen.»
Das klingt soweit noch logisch. Doch die nächsten beiden Punkte der AGBs haben es in sich. Datenbearbeitung zu Marketingzwecken von Swisscom: «Wir bearbeiten ihre Personendaten für Marketingzwecke wie die allgemeine Kundenkommunikation und die personalisierte Anpassung der Angebote von Swisscom, der anderen Gesellschaften der Swisscom Gruppe sowie ausgewählte Geschäftspartner.»
Beim Stichwort «ausgewählte Geschäftspartner» hält der Swisscom-Kunde erneut kurz den Atem an. Bearbeitung der Daten für Marketingzwecke und die personalisierte Anpassung für Dritte heisst nichts anderes, als dass die Swisscom hoch sensible Daten weitergibt. Zum Beispiel an Admeira, das Joint-Venture von Swisscom, SRG und Ringier.
Die Swisscom geht aber noch weiter: «Damit wir ihnen individualisierte, zielgerichtete und auf ihre Kundenbedürfnisse besser abgestimmte Werbung oder Angebote unterbreiten können, erstellen wir Kundensegmente oder Kundenprofile. Dazu verknüpfen und analysieren wir die für unsere Marketingzwecke relevanten Daten.»
Wem das alles zu viel Eindringen in die Privatsphäre ist, muss umgehend reagieren. Die Swisscom schreibt: «Sie haben jederzeit die Möglichkeit, gegen den Empfang von Werbung und die Bearbeitung ihrer Daten zu Marketing- und Werbezwecken Widerspruch einzulegen. In diesem Fall werden weder Daten zu diesem Zweck beschafft noch bearbeitet. Die bereits zu diesem Zweck beschafften und zusammengeführten Daten werden innerhalb von zwei Arbeitstagen gelöscht.» Für den Widerruf der Zustimmung zur Bearbeitung von Online-Daten sind die Angaben auf der Swisscom-Internetseite massgeblich. Gegen allgemeine Werbeanzeigen auf Internetseiten besteht keine Widerspruchsmöglichkeit.
«Mit ihrer Annahme dieser Erklärung erlauben Sie uns, ihre durch uns für Marketing- und Werbezwecke bearbeiteten Daten auf der Basis einer Identifikationsnummer ohne Personenbezug und aggregierter Form an Werbevermarktungsgesellschaften zum Zweck der zielgruppenbasierten Werbung zugänglich zu machen.»
So weit die Swisscom. Der Kunde ist nach der Lektüre der AGBs mehr als verunsichert, versteht nicht genau, was die Swisscom mit den sensiblen Daten macht und an wen, ausser Admeira, sie die Daten weitergibt. Und vor allem weiss der Kunde nicht, wie er auf den Brief der Swisscom reagieren soll.
Der Swisscom-Kunde muss aber ganz klar von sich aus aktiv werden, wenn er mit den diversen Änderungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht einverstanden ist.
Wie schreibt doch die Swisscom: «Im Swisscom Kundencenter unter swisscom.ch/datenverwendung haben Sie es in Ihren Einstellungen neu und einfach selbst in der Hand, bestimmten Bearbeitungen Ihrer Personendaten zu widersprechen oder eine hierzu erteilte Zustimmung zu widerrufen. Alternativ können Sie uns auch telefonisch über die Gratisnummer 0800 800 800 oder über eine andere Swisscom Kundenkontaktstelle mitteilen, wozu wir Ihre Daten verwenden dürfen.»
Und jetzt versteht man auch, warum der oberste Datenschützer der Schweiz die Konsumenten und Konsumentinnen aufgefordert hat, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen gründlich zu lesen.
Den Brief der Swisscom sollte man auf keinen Fall achtlos ins Altpapier werfen. Denn ab Erhalt des Briefes hat der Kunde 30 Tage Zeit, sich bei der Swisscom zu melden. Tut er dies nicht, gibt er das Einverständnis zu den neuen AGBs. Und das stillschweigend.