Sperren im Web sind technisch untauglich und rechtspolitisch unglaubwürdig: Zu diesem Schluss kommt eine «Verhältnismässigkeitsprüfung», die die Universität Zürich im Auftrag der Swico (Wirtschaftsverband für die digitale Schweiz) geschrieben hat. Anlass war das neue Geldspielgesetz, das zurzeit im Nationalrat diskutiert wird.
Geht es nach dem Gesetzesentwurf, soll der Zugang auf ausländische Online-Spielportale in Zukunft per Netzsperre blockiert werden. «Mit Blick auf den geringen Nutzen und die mit Netzsperren verbundenen Eingriffe in Grundrechte erscheint die Einführung von Netzsperren als problematisch», schreiben Florent Thouvenin vom Rechtswissenschaftlichen Institut und Burkhard Stiller vom Institut für Informatik an der Universität Zürich.
Kommt hinzu, «dass die Glaubwürdigkeit der Rechtsordnung Schaden nehmen kann, wenn sie sich zur Rechtsdurchsetzung weitgehend untauglicher Mittel bedient», so die beiden Gutachter weiter. Untauglich seien die Websperren deshalb, weil sie relativ leicht und «ohne vertieftes technisches Wissen» umfahren werden können. Tricks und Tipps dazu sind im Netz genügend vorhanden. «Netzsperren sind damit auch für technisch wenig versierte Nutzer faktisch unwirksam.»
Zudem bestehe die Gefahr, dass Sperren nicht engmaschig genug die Zielseiten rausfiltern. Netzsperren in Form von IP-Sperren führten zu einem «erhöhten Overblocking-Risiko». Dabei können legale Inhalte von anderen, unbeteiligten Drittanbietern, die über die gleiche IP-Adresse abrufbar sind wie die gesperrten Seiten, ebenfalls blockiert werden.
Die Befürworter des neuen Geldspielgesetzes führen unter anderem den Schutz der Spieler vor «exzessivem Geldspiel», also Spielsucht, ins Feld. Auch in der Botschaft des Bundesrates wird mit Prävention argumentiert. Mit diesem Argument lassen sich die Netzsperren nicht stichhaltig begründen, findet Swico.
In einem Brief an die Rechtskommission des Nationalrats verlangt der Branchenverband der digitalen Wirtschaft, die Websperren aus dem Gesetzesentwurf zu streichen. «Letztlich muss es aber dem Gesetzgeber überlassen werden, ob er Netzsperren einführen will, weil ihm die Schaffung eines weitgehend untauglichen Mittels besser erscheint als ein Nichtstun», schliesst das Gutachten offen.