Der Verlegerverband spannt zur Volksabstimmung vom nächsten Februar über die Subventions-Milliarde für die Medien die Verleger in seinen Werbefeldzug ein. Sie sollen Politiker kaufen – und damit die Glaubwürdigkeit ihrer Zunft zerstören.
Ein Gast-Kommentar im Klein Report von Bruno Hug, Online-Verleger Portal24.ch und Vorstand des Referendumskomitees «Staatsmedien NEIN».
Dank dem momentan laufenden Referendum gegen die Medien-Subventionen darf das Volk am kommenden 13. Februar darüber abstimmen, ob die Schweizer Verlagshäuser in den nächsten sieben Jahren (und danach wohl für ewig) aus der Staatskasse jährlich 178 Millionen erhalten sollen. Für diesen Raubzug in Höhe von 1'068 Milliarden Franken will der Verlegerverband möglichst alle Zeitungen des Landes und – schamlos – auch viele Politiker einspannen.
Ganz egal, ob die Verlage dieses erniedrigende Spiel gewinnen oder verlieren: Ihre Glaubwürdigkeit wird zerstört. Verleger verdienen Geld, viel Geld.
Die künftig noch mehr subventionierten Grossverleger werden reicher und reicher. Die Ende August publizierte Fusion der meisten Schweizer Online-Märkte – von Jobscout24 bis Tutti.ch – brachte allein der Verlagsfamilie von Verleger-Präsident Pietro Supino («Tages-Anzeiger» / TX Group) 350 Millionen Franken ein.
Gemäss Analysten der Zürcher Kantonalbank hat sein Verlag heute einen Marktwert von 2,1 Milliarden Franken. Einen ähnlichen Vermögenszufluss verzeichnen auch die Ringiers.
Auch operativ läuft es in den Verlagen rund. Vier Beispiele: Die Zürcher Tagi-Gruppe erwartet im laufenden Jahr gemäss deren Halbjahreszahlen rund 100 Millionen Franken Gewinn. Genauso üppig fliesst das Geld bei Ringier und CH Media von Verleger-Vizepräsident Peter Wanner. Selbst die viel kleinere NZZ wird aufgrund der aktuellen Zahlen 2021 gegen 20 Millionen verdienen.
Medienkenner Kurt W. Zimmermann schreibt, dass die Grossverleger «bald nicht mehr wissen, wohin mit dem vielen Geld». Trotzdem bettelt die Branche um staatliche Unterstützung.
Verband ködert Verleger mit Staatsgeld: Weil das Stimmvolk den reichen Verlegern wohl kaum Staatsgeld zuschanzen würde, spannt die Verbandsspitze unter dem Duo Supino/Wanner nun die Kleinverleger vor seinen Karren.
Ihre Verbandsfunktionäre hängen den Lokalverlegern an Zusammenkünften die Rübe vor die Nase und rechnen ihnen vor, wie viel Subventionen sie dank dem Subventionsgesetz einsacken würden. Und selbst die Gratiszeitungs-Verleger, die zuvor von den Grossverlegern und der Politik von den Subventionen ausgesperrt wurden, werden nun vom Verlegerverband mit der Bitte um Werbeunterstützung angeschrieben. Der Verband wolle, so die Mitteilung an die Verleger, «gemeinsam mit verschiedenen Partnern aus der Medienbranche und der Politik eine Kampagne für das Medienpaket aufbauen».
Politik und Medien kaufen sich gegenseitig. Im Gegenzug sollen sich alle Verleger des Landes bei ihrer Leserschaft für die Millionen-Subventionen in die Riemen legen – und sich damit öffentlich als Staatsgeld-Bettler in Szene setzen.
In seinen Schreiben fordert der Verlegerverband die Verlagshäuser auf, in der Volksabstimmung zum neuen Medien-Subventionsgesetz in deren Zeitungen «Testimonials» («Empfehlungsschreiben zu Werbezwecken»), Gratis-Inserate, «Plakatstellen in der Region» und «Storytelling» – also Flankenschutz ihrer Redaktionen – «bereit zu stellen». Obendrein werden sie zur «Kontaktnahme mit lokalen Politikerinnen und Politikern» aufgefordert, die sich für die Medien-Subventionen einsetzen. Damit wird jedem Leser klar, dass die Zeitungen diese Politiker nicht mehr kritisieren können und dass sich Politik und Medien gegenseitig kaufen.
«Storytelling» der Zeitungsverleger: In den «Storytellings» sollen die Zeitungshäuser gemäss den Verbandsoberen ihrer Leserschaft «eine Geschichte bereitstellen» (respektive auftischen), wie sie «von der Medienförderung profitieren» und wie sie das Staatsgeld «für Investitionen einsetzen».
Weiter fixt der Verband die Zeitungsverleger mit der Aufforderung an, dass sie «auch von der Online-Förderung» profitieren könnten, «sofern sie Kombi(Abo)-Angebote oder Online-Abos anbieten». Womit klar wird, wohin die Subventions-Reise geht: Zeitungen werden reduziert, damit die Verleger mit den Online-Abos beim Staat abkassieren können.
Damit erreicht das Mediensubventions-Gesetz genau das Gegenteil von dem, was die Politik von ihm erwartet hat: Es führt zu einer weiteren Verarmung der Medienlandschaft und zur Betonierung der schädlichen Monopole der Konzernmedien.
In ihrer Gier scheinen die Verleger jede Hemmung zu verlieren, ihre Leser zu verführen. Der Verband stehe hinter der «dreiteiligen Medienförderung», schreibt er den Verlagen. Offenbar sollen nun die jährlich 178 Subventions-Millionen noch medienwirksam dreigeteilt werden, damit sie dem Volk besser verkauft werden können.
Über 1 Milliarde Franken ins Niemandsland. Erstaunlich ist auch, dass der Verlegerverband seinen Mitgliedern deren künftige Subventionen vorrechnet. Denn offiziell wollen weder der Verband, noch die Verleger noch Bundesbern wissen, in welchen Taschen die Staatsmillionen landen würden.
Das Bundesamt für Kommunikation (Bakom) stellt sich in wichtigen Subventions-Bereichen unwissend, die Tagi-Gruppe ist gemäss eigener Mitteilung im «Schweigemodus», wie der Klein Report berichtete, und die Sprecherin von CH Media, dem drittgrössten Schweizer Medienkonzern, führte gegenüber dem Onlineportal «Klein Report» aus, «nur schon eine grobe Schätzung» zur Staatsgeld-Verteilung sei «nicht möglich»!
Damit steht fest: Mit der Medienförderung» würde der Bund über 1 Milliarde Franken an Steuergeld im Niemandsland von Milliardären, Millionären, Aktionären und Verlegerfamilien versickern lassen. Zum Schaden des Volkes!
Verleger zerstören sich selbst. Die Verleger haben sich ins Out manövriert. Würden Sie jetzt nicht für ihre Staatssubventionen kämpfen, würden sie damit zugeben, dass sie das Geld gar nicht nötig haben.
Noch viel schlimmer aber wäre, sie würden am 13. Februar 2022 die Volksabstimmung gewinnen. Diesfalls würden sie künftig öffentlich als staatsabhängige Subventionsempfänger dastehen. Ihre Redaktionen könnten nie mehr eine Geldverschwendung von Bundesbern geisseln, da sie selbst Nutzniesser der sie mit Geld handzahm machenden Politiker sind. Ausserdem würden ihnen Kritiker – zu Recht – jederzeit entgegenrufen, vom Staat gekauft zu sein.
Was ist nur aus den einst stolzen Schweizer Verlagen geworden? Noch nie dürfte sich in der Schweiz eine Branche derart leichtsinnig aufgemacht haben, ihre eigene Glaubwürdigkeit zu zerstören.