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Mittwoch
07.03.2018

Medien / Publizistik

steve-bannon

Grosses Kino am Dienstagabend in Zürich Oerlikon: In der Hauptrolle Steve Bannon, der sich als Architekt des Wahlkampfsieges von Donald Trump sieht, sowie Roger Köppel, Chefredaktor und Verleger der «Weltwoche», in einer Nebenrolle. Den Bannon-Werbefilm in voller Länge hat auch der Klein Report mitverfolgt.

Wie an einem Konzert warteten die Zuschauerinnen und Zuschauer in der Halle 622 auf Steve Bannon, den «Star des Abends»: Einige aus Interesse, den umstrittenen, medial so oft gescholtenen Rechtspopulisten einmal live mitzuerleben und sich ein eigenes Bild von ihm zu machen. Andere Personen vor Ort sympathisierten offenkundig mit Bannons Ideologie.

Roger Köppel präsentierte seinen Gast aus den USA mit viel Stolz, forderte vom Publikum mehrfach einen «donnernden Applaus»: Da war er, Steve Bannon, ein «leicht zerknautschter Typ im Look eines Geschichtslehrers», wie es der «Blick» passend beschreibt.

Und wie ein Geschichtslehrer durfte Bannon ohne Gegenwort monologisieren und referieren, unterbrochen nur vom gelegentlichen Applaus des Plenums, teilweise zaghaft, teilweise fast raumfüllend. Fragen von Roger Köppel beantwortete er oft nicht direkt, sondern fasste sie lieber als Stichwort auf, um seinen Vortrag vor dem Publikum unbeirrt fortzuführen. Die Zuschauer, viele von ihnen Abonnenten der «Weltwoche», waren vorwiegend männlich.

Ein gewisses Charisma kann dem rhetorisch versierten Harvard-Ökonomen kaum abgesprochen werden. Und auch mit seinen typischen Schlagworten überzeugte er immer wieder Teile des Publikums: So brachte er wiederholt seine tief liegende Abneigung gegen alles zum Ausdruck, was nach seiner Zweiteilung der Welt zum «Mainstream» und zur angeblich herrschenden «Elite» gehört, obwohl er zu dieser zeitweise im Oval Office selber ja dazugehörte.

Die Forderung des 64-Jährigen nach einem «Aufstand, einer Revolution» gegen diesen vor allem politischen und ökonomischen Mainstream könnte in der Rhetorik genauso gut von einem linken Gymnasiasten stammen. Bannons Rede erlaube einen «Einblick in seine ebenso düstere wie widersprüchliche Weltsicht», berichtete der Journalist Andreas Rüesch für die «Neue Zürcher Zeitung» am Mittwoch: «In Bannons Vorstellungswelt scheinen nur zwei antagonistische Gruppen zu existieren, die Arbeiterklasse und das Establishment, das er gerne als die `Davos-Partei` verunglimpft – eine vaterlandslose Elite von Bankern, Lobbyisten, Wirtschaftsberatern und Parteifinanciers.»

Inhaltlich ist Bannon auf Abriss der bestehenden Strukturen programmiert: Seine zerstörerische Ideologie besteht aus einer rigorosen Abschottung und einer kompromisslosen Souveränität, die über allem steht – in diesem Sinne erwähnte er Kryptowährungen als Mittel, einen Teil der Souveränität von den Staatsbanken zurückzuholen. Zudem warnte er wiederholt vor dem drohenden Aufstieg Chinas zur Supermacht.

Wie es nach der von ihm proklamierten «Revolution der Vergessenen» weitergehen soll, erwähnte er kaum. Steve Bannon ist der festen Überzeugung, dass das Momentum auf der Seite der Rechtspopulisten ist, und sieht diesen Trend durch die aktuellen Wahlresultate in Italien bestätigt.

Was sich auch zeigte: Steve Bannon weiss genau, in welchen Lagern und mit welcher Rhetorik er neue Unterstützer gewinnen kann. Den lautesten Applaus des Abends bescherte ihm ein Lob in Richtung SVP, genauer an Christoph Blocher, der 1992 den EWR-Beitritt der Schweiz verhindert habe: «Doctor Blocher stood up, one man alone, against the establishment.» Das mache ihn zu einem Vorreiter des Populismus, zu einer Art «Trump before Trump».

Nach der knapp anderthalbstündigen Rede trotteten Redaktor Raphael Waldvogel und Ursula Klein, Chefredaktorin und Verlegerin des Klein Reports, nach Hause, vorbei an Dutzenden solide bewaffneten Polizisten, die für die Sicherheit vor der Halle in Oerlikon zuständig waren.

Im Zug trafen dann Ursula Klein und der frühere «Weltwoche»-Redaktor Urs Paul Engeler aufeinander, um ein kurzes «Debrief der Weltlage» und Bannons nicht sehr stringenter Rede zwischen Zürich Oerlikon und Zürich HB in drei Minuten zu erörtern: Angesprochen auf das Lob an Christoph Blocher, das Bannon einen tosenden Applaus eingebracht hatte und das am Mittwoch von den Medien als die Schlagzeile des Abends schlechthin erkoren wurde, sagte der erfahrene und heute pensionierte Journalist Engeler verschmitzt: «Das hat er fast genau so schon in Italien gesagt, damals jedoch nicht über Christoph Blocher, sondern über Silvio Berlusconi

Das zeigt einmal mehr, wie Steve Bannon und wie Teile der Medien funktionieren: Mit standardisierten und griffigen Werbeslogans, die jeweils leicht dem Publikum angepasst werden – je nachdem, wo Bannon gerade eine Bühne erhält.