Der ehemalige Journalist Hanspeter Lebrument hat vom ehemaligen Journalisten Roger de Weck am Donnerstagabend eine E-Mail erhalten.
Darin unterbreitet der heutige SRG-Generaldirektor de Weck dem heutigen Präsidenten des Verlegerverbandes Lebrument elf Kooperationsangebote zwischen den Verlegern und der SRG.
Das sei erfreulich und zeige, dass nun «auch die SRG festgestellt hat, dass ihre Werbevermarktungsallianz mit Swisscom und Ringier in die medienpolitische Sackgasse führt», schreibt Lebrument am Sonntag in einem Gastbeitrag in der «SonntagsZeitung» des Tamedia-Konzerns.
Nur, bereits am Freitag sei das ganze Angebot auf NZZ online zu finden gewesen – «ohne dass ein Austausch darüber stattgefunden hätte», moniert Lebrument. «Zeitgleich mit der Veröffentlichung kontaktiert ein Ringier-Manager im Auftrag der `SonntagsBlick`-Chefredaktorin verschiedene Verleger, um Stimmen einzuholen. Eine inszenierte Aktion also», stellt der Präsident des Verlegerverbandes fest.
Die geplante Vermarktungsallianz der SRG, Swisscom und Ringier stehe zwar noch nicht, «die PR-Mechanismen scheinen aber bereits zu spielen», konstatiert er zum Intrigantenstadel und fügt an: «Wird Ringier zur Schreibstube der SRG?»
Auch die Schweizerische Depeschenagentur (SDA) fidelte unter dem Titel «SRG unterbreitet Verlegern elf Vorschläge für eine Zusammenarbeit» noch vor 18 Uhr am Freitag in positiven Tönen die de-Weck-Ideen wie einen Sermon ab. Zur «Schreibstube der SRG» gehört auch die Nachrichtenagentur und das nicht erst seit de Weck zu Amtsbeginn öffentlich sagte, «man werde der SDA unter die Arme greifen». Die Kontakte von SDA-Chef Bernard Maissen ins Ringier-Lager sind heute besser denn je.
Diese Art der Lancierung von Projekten durch die SRG habe System, urteilt Lebrument, Verleger der Somedia und Herausgeber der «Südostschweiz», die sich aber auch selber nicht scheut, Geschäfts- und Verlegerinteressen vorab mal erst im eigenen Blatt zu veröffentlichen.
Zurück zu den nicht neuen Idee der SRG: Vorneweg steht wieder die Bedrohung durch die US-Konzerne Google und Facebook, die die SRG bedrängten und auch die Verlage. Die Vermarktungsallianz wird als «Werbeplattform» bezeichnet, die «allen Interessenten offenstehe». Aktuelle SRG-Videos könnten Verlegern zur Verfügung gestellt werden, sei es im Internet-Player des Verlages oder eingebettet in die Webseiten des Verlages und abspielbar im Player der SRG.
Sportrechte, auf denen die staatsnahe SRG haufenweise hockt, könnten mit den Verlegern genutzt werden. Da wird die Formel 1, Leichtathletik, Hallensport und Tennis erwähnt. Bei der Formel 1 bietet die SRG die Hälfte der Formel-1-Rennen an, falls sie den Zuschlag in Zukunft wieder erhält. Und die SRG macht auch gleich die programmliche Auswahl für die regionalen TV-Sender. Die könnten bei Cup- und Meisterschaftsspielen grosser Hallensportarten wie Basketball oder Unihockey zum Zuge kommen.
Das produzieren gemeinsamer Apps, ein gemeinsam nutzbarer mehrsprachiger Swiss Channel auf Youtube wird offeriert und die erleichterte Nutzung der digitalen Ausstrahlung auf DAB+. Altbekanntes wie Nachrichtenbulletins für Regionalradios und überregionale TV-Fenster sowie das Thema Ausbildung werden angesprochen.
Wie immer greift Generaldirektor Roger de Weck auf dem Reissbrett ins grosse Ganze des Weltgeschehens ein. Die SRG wolle mit ihren Kooperationsangeboten ihren Teil dazu beitragen, den viersprachigen Schweizer Medienplatz im internationalen Wettbewerb zu stärken.
Eine konstruktive Zusammenarbeit sei dem Verband Schweizer Medien wichtig. Aber nicht so wie im vergangenen August, als die Werbevermarktungsallianz in gleicher Art und Weise bekannt gemacht worden sei. «Brisant ist, dass die Vorbereitungsarbeiten schon Monate liefen, auch schon während des Abstimmungskampfes rund um die später mit Zufallsmehr gewonnene RTVG-Revision. Das ist fragwürdig gegenüber der Schweizer Bevölkerung», hält Hanspeter Lebrument in seinem Gastbeitrag fest.
Inhaltlich seien die vorgeschlagenen Massnahmen ein Schritt zu einer Verflechtung, welche für die privaten Medien zu einer grösser werdenden Abhängigkeit führen würde. «Ob sie private Medien zudem in ihrer Entwicklung voranbringen würde, ist anzuzweifeln. Die SRG versteht die Herausforderungen der Medienhäuser nicht», schreibt der Verleger. Denn die SRG sehe sich offensichtlich als das Zentrum des Schweizer Mediensystems.
«Öffentlich finanzierte Service-public-Inhalte sollen allen traditionellen und neuen Medienanbietern, die sie weiterverbreiten wollen, zur Verfügung stehen - ohne Auflagen vonseiten SRG und ohne eine kommerzielle Beteiligung an den Erträgen», fordert er. «Denn öffentliches Geld sollte nicht dazu eingesetzt werden, private Medien zu konkurrenzieren, sondern eine möglichst vielfältige Medienlandschaft ermöglichen.»