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Mittwoch
12.11.2014

TV / Radio

Billag-sgv-Referendum-Klein-Report

SRG-Generaldirektor Roger de Weck hat am Wochenende in einem Interview mit der «NZZ am Sonntag» ausführlich das neue Gebührenmodell verteidigt. Der Klein Report hat sich Gedanken dazu gemacht und zeigt Widersprüche auf. Ein Kommentar von Thomas Leuzinger.

Dass der Gewerbeverband, der grösste Wirtschaftsverband mit 250 Verbänden und gegen 300 000 Unternehmen, ein Referendum gegen das neue Modell ergreift und bereits zahlreiche Initiativen aufgegleist wurden, um das Modell umzukrempeln, scheint für de Weck kein Grund zum Handeln. Selbstkritische Äusserungen sind beim SRG-Generaldirektor - wie schon im letzten SRF-«Medienclub» - Mangelware.

De Weck gibt bei der Frage, ob die vorgesehenen, zukünftigen Gebühren nicht zu hoch seien, erst einmal zurück, dass das neue System viel fairer sei als das bisherige und die SRG «keinen Rappen» mehr erhalten werde. Eine Antwort voll ins Blaue hinein - auf den Kern der Frage geht er hingegen gar nicht erst ein.

Erst auf Nachfrage verweist er auf den Bundesrat und stiehlt sich selbst aus der Verantwortung. Dieser ermittle, wie viel Geld nötig sei, um den Leistungsauftrag konkret zu erfüllen. Der Auftrag wiederum werde vom Parlament umrissen. Und dieses wolle eben «nicht lauter Kommerzkanäle».
De Weck tut so, als ob die Politiker die Kosten ohne jegliche Absprache mit der SRG bestimmen würden. Man erhält den Eindruck, de Weck habe gar nichts mit der Finanzierung der SRG zu tun - oder er will sich zumindest nicht auf eine ernsthafte Diskussion darüber einlassen.

Auch auf die Frage, ob man die Einnahmen nicht deckeln könnte, da sie durch das Bevölkerungswachstum stetig steigen würden, weicht er aus. Stattdessen stellt er plakativ und wenig konstruktiv die Gegenfrage: «Wie viel audiovisuelle Produktion will die Schweiz im digitalen Zeitalter?»

Und der Generaldirektor, der sich sonst gerne als sachlichen und differenzierten Denker darstellt, malt dann gleich mal schwarz. «Ohne Gebühren gibt es in der Schweiz keine konkurrenzfähige audiovisuelle Produktion», behauptet de Weck ein weiteres Mal ins Blaue hinein.

Einen Unterschied zwischen «weniger Gebühren» und «ohne Gebühren» gibt es für ihn anscheinend nicht. Ganz abgesehen davon müsste man an dieser Stelle wohl die Frage stellen, ob man diese Produktionen als «konkurrenzfähig» bezeichnen darf, wenn sie ohnehin über Gebühren finanziert werden.

Die Wettbewerbsfähigkeit bemüht Roger de Weck auch beim Vorschlag von Avenir Suisse, dass die SRG ein «content provider» werden soll. «Schrumpfte die SRG zur Agentur für Audiovisuelles, gäbe es keinen wettbewerbsfähigen schweizerischen Kanal mehr.» Und schon wieder malt er schwarz-weiss und sieht geflissentlich darüber hinweg, dass etwa das soeben an den Start gegangene TV24 gerade diesen Anspruch an sich selbst stellt.

Damit vergisst der Klein Report mitnichten die Romandie, das Tessin oder die rätoromanische Schweiz. Niemand stellt die Finanzierung der vier Sprachregionen grundsätzlich infrage. Gefordert wird der haushälterische und effizientere Umgang mit den Staatsgeldern, die neu zu allem Überfluss noch per Mediensteuer statt per Abgabe eingezogen werden sollen. Und hier hört der Spass auf: für die Linken und für die Rechten.

Ärger verursachen auch die Expansionsgelüste der SRG, die sich seit geraumer Zeit auch im Internet ausbreitet. Es scheint also mehr als genug Geld für Eigenproduktionen da zu sein, anders liesse sich nicht erklären, wie neue Web-Only-Serien finanziert werden können. Doch natürlich ist das gemäss de Weck unproblematisch und keine Konkurrenz zu den Privaten.

Dies begründet er damit, dass die Webseiten von «20 Minuten» und «Blick» mehr Besucher als die von SRF haben. «Und dass SRF der NZZ das Leben erschwert, wüsste ich nicht», gibt er sich leicht dümmlich und naiv. Zudem muss man wissen, dass sechs der zehn grössten publizistischen Webseiten der Schweiz heute direkt oder indirekt von der SRG kommen.

Vom Generaldirektor kann kaum eine sinnvolle Debatte über die Leistungen des Staatssenders erwartet werden. Monetär nimmt de Weck sowieso alles an, was er an erhält - sei es für die SRG oder ihn selbst. Die daraus resultierende Diskussion überlässt er lieber dem Gewerbeverband. Das könnte sich rächen.