Content:

Montag
20.02.2017

Medien / Publizistik

Noch ist Roger de Weck im Amt. Doch sein Nachfolger als SRG-Generaldirektor ist mit Gilles Marchand bereits bestimmt.

Der abtretende SRG-Chef gab der «NZZ am Sonntag» ein längeres Interview und sprach darin unter anderem über seinen vorzeitigen Abgang, dass beträchtliche Teile der Politik und die privaten Medienhäuser von der SRG erwarten, dass sie ihr Angebot reduziert und warum ihm die Wahl von Donald Trump in die Knochen gefahren ist.

Im Herbst 2017 wird Roger de Weck seinen Platz bei der SRG räumen und die Verantwortung an Gilles Marchand übergeben. Francesco Benini von der «NZZ am Sonntag» wollte von de Weck wissen, warum er von seinem Posten als SRG-Generaldirektor zurücktritt, bevor er das Pensionsalter erreicht hat.

Roger de Weck: «Ich habe in Gilles Marchand einen erstklassigen Nachfolger. Bei dieser idealen Ausgangslage stand ich vor der Alternative, entweder 2017 im Alter von 64 zu gehen - oder dann erst mit 68. Dazwischen werden ein neues Gesetz über elektronische Medien und der künftige Leistungsauftrag der SRG aufgegleist; in dieser Frist wäre ein Führungswechsel schlecht. Da war für mich klar: Lieber etwas früher als deutlich zu spät. Im digitalen Umbruch der Medien ist es überhaupt ratsam, den Wechsel zu jüngeren Generationen zu beschleunigen statt hinauszuzögern.»

Auf die Frage, ob in Bundesrätin Doris Leuthard ihn davon zu überzeugen versucht habe, nun Platz für seinen Nachfolger zu machen, antwortet der SRG-Chef Weck: «Mich musste niemand überzeugen. Umgekehrt habe ich den einen oder anderen Mitmenschen von der Richtigkeit eines Stabwechsels schon 2017 überzeugt. Die Bundesverfassung garantiert die Unabhängigkeit von Radio und Fernsehen, einen Wert, den die Bundespräsidentin und der Bundesrat hochhalten. Donald Trump, dem die Unabhängigkeit der Medien zuwider ist, regiert in Washington und nicht in Bern.»

Die Wahl von Donald Trump scheint also auch dem SRG-Chef in die Knochen gefahren zu sein. Roger de Weck: «Plötzlich haben wir einen unberechenbaren Scharfmacher im Weissen Haus. Im Land der urfreien Medien steht die Vierte Gewalt unter einem nie da gewesenen Druck des mächtigsten Manns. Doch die amerikanische Gesellschaft ist so stark, dass sich Korrekturkräfte entfalten werden.»

Zurück in die Schweiz: Die SRG wird immer wieder dafür kritisiert, dass sie die Anliegen der privaten Medienhäuser zu lang zu wenig beachtet hat. Sie rufen nach einer kleineren SRG.

Roger de Weck: «Lassen wir Fakten sprechen: Die SRG hat das Radio WRS privatisiert, was seine Hörer erzürnte. Sobald technisch möglich, schliessen wir den italienischsprachigen Fernsehkanal RSI LA2 und lösen ihn durch ein digitales Angebot ab», so de Weck.

«Schon 2013 wurden auf unseren Websites die News-Texte, die keinen Bezug zu einer Sendung haben, auf 1'000 Zeichen beschränkt. Die SRG setzt online auf Videos und Audios, nicht auf zeitungsähnlichen Journalismus. Wir bieten den privaten Medienhäusern tagesaktuelle Videos an, direkt oder via Depeschenagentur; sie zahlen einen moderaten Beitrag an die Kosten, die der SRG deswegen entstehen. Das stösst auf reges Interesse. Und es ist praktikabel, während die Forderung nach «Open Content» - dass alle Medienhäuser Zugriff auf alle Sendungen der SRG haben - im Dschungel der Urheberrechte völlig unrealistisch ist. In der Romandie haben wir sogar eine Charta der Zusammenarbeit mit privaten Medien.»

Die SRG könnte privaten Medienanbietern entgegenkommen, indem sie weniger Werbung ausstrahlt. In Deutschland zeigen die öffentlich-rechtlichen Sender nach 20 Uhr keine Werbespots mehr.

Roger de Weck: «Wir sind offen für neue Geschäftsmodelle in Sachen Werbung. Bekanntlich hat Gilles Marchand in der Eidgenössischen Medienkommission eine Schwelle vorgeschlagen: Überschreiten die Werbeeinnahmen der SRG diese Schwelle, fliesst ein Teil davon in die indirekte Förderung von Medien. Solche Modelle sind gescheiter als eine Einschränkung der Werbung bei der SRG. Von einer Beschränkung würden vor allem die deutschen und französischen Kanäle mit ihren Schweizer Werbefenstern profitieren», so der scheidende SRG-Chef abschliessend.