Es hätte das erste grosse Projekt zwischen den beiden neuen Admeira-Partnern SRG und der Swisscom werden sollen. Doch jetzt hat die SRG genug und zieht dem Projekt Enterprise Cloud entnervt den Stecker, wie inside-it.ch vor ein paar Tagen geschrieben hat.
Die Euphorie und Vorfreude war auf beiden Seiten sehr gross, als die SRG im März 2015 mitteilte, dass sie sich bei der Erneuerung der technischen Infrastruktur für die digitale Medienproduktion für die Swisscom entschieden habe.
Der staatliche Telekom-Konzern sollte für die SRG schrittweise bis 2019 eine cloudbasierte IT-Plattform aufbauen und betreiben, stand in der Medienmittelung damals. Nach einem branchenüblichen Bieterverfahren stand Swisscom als Sourcing-Partnerin fest. Die SRG und die Swisscom hatten eine langfristige Zusammenarbeit vereinbart.
Die neue, cloudbasierte Plattform für die IT-Infrastruktur der SRG hätte zur Folge gehabt habt, dass künftig diese Plattform für jegliche Anwendungen in der Produktion von Radio-, Fernseh- und Online-Inhalten hätte verwendet werden können. Die cloudbasierte Plattform würde von der Swisscom betrieben, die darauf installierten Anwendungen würden von der SRG betreut werden. So lautete jedenfalls der Plan.
«Für die Produktion ihrer Programme transportiert, bearbeitet und speichert die SRG beträchtliche Datenmengen», sagte Marco Derighetti, Direktor Operationen der SRG vor zwei Jahren. «Dafür brauchen wir eine leistungsstarke, hoch verfügbare und kosteneffiziente IT-Infrastruktur. Gleichzeitig müssen wir wegen der raschen technischen Entwicklung sehr flexibel bleiben. Wir haben alle Optionen eingehend geprüft und uns für eine externe Lösung entschieden. So können wir spezifisches Know-how intern behalten und standardisierte Services von Swisscom beziehen – für beide Partner eine Win-win-Situation. Und nicht zuletzt schafft das Sourcing von standardisierter, technischer Infrastruktur finanziellen Spielraum zugunsten des Programms.»
Mit Swisscom wählte die SRG eine erfahrene Partnerin, die Netzwerk, Infrastruktur und das IT-Management aus einer Hand liefert.
Marcel Walker, Head of Cloud & Datacenter bei Swisscom: «Durch unseren hybriden Ansatz von dedizierter Serverinfrastruktur und Cloud-Technologie sorgen wir für eine sichere und nahtlose Integration in die Systemlandschaft der SRG.»
Die IT-Infrastruktur für die Medienproduktion sollte schrittweise in eine cloudbasierte Plattform überführt werden – in einem ersten Schritt am Standort Zürich. In Genf und Lugano waren weitere Plattformen geplant. Ab 2019 sollte die Infrastruktur von allen Unternehmenseinheiten der SRG genutzt werden können.
Soweit der Plan: Unterdessen ist das Projekt Enterprise Cloud gescheitert. Die SRG hat das es gestoppt und evaluiert, ob sie die Cloud selbst bauen wird oder wieder einen Partner dafür sucht.
Swisscom-Cloud-Chef Marcel Walker schrieb in einer internen Mail vom «Vertrauensverlust» des Kunden. SRG-intern heisst es, dass Swisscom es nicht zustande gebracht habe, die Cloud stabil zum Laufen zu bringen. «Es gab tagelange Ausfälle», zitiert auch it-inside.ch einen Betroffenen.
Die Presseabteilungen von SRG und Swisscom üben sich derweilen in Schadensbegrenzung. Die SRG wolle das Cloud-Projekt mit Swisscom «neu aufgleisen», schreibt Pressesprecher Daniel Steiner in einer E-Mail an inside-it.ch.
Seitens Swisscom heisst es: «Wir halten fest an unserer Cloud-Strategie», wie Sprecherin Ann-Kristin Koch schreibt. Die SRG strebe weiterhin eine IaaS-(Infrastruktur as a Service)-Gesamtlösung für Enterprise- und Business-Applikationen an. Swisscom komme als Provider weiterhin in Frage, möglich sei aber auch, dass die SRG das Projekt intern umsetze, so Steiner abschliessend.
Das ist laut inside-it.ch höflich formuliert, denn Swisscom wird nach dem Flop des Cloud-Projekts bei der SRG nicht mehr allzu viele Freunde haben. Die Frage, ob Swisscom eine Konventionalstrafe bezahlen muss, wollten weder Koch noch Steiner beantworten.