Normale Markenpflege oder politischer Wahlkampf im Vorfeld der No-Billag-Abstimmung? Mit Pathos geschwängerten 20-Sekunden-Spots wirbt das Schweizer Fernsehen (SRF) nicht nur für die eigenen Programmangebote, sondern auch ganz generell für die Bedeutung des gebührenfinanzierten Senders.
Manch einer wunderte sich in den letzten Wochen über die Eigenwerbungen bei SRF, die jetzt auch politische Dimensionen angenommen haben. In romantisierender Schwarz-Weiss-Optik erklären verschiedene SRF-Zuschauer unter anderem, was sie am Schweizer Fernsehen schätzen oder weshalb sie einen starken Service public befürworten.
«Ich kann auch sagen, das SRF hat mich mit integriert», sagt beispielsweise eine Zuschauerin mit dem Namen «Silvia», deren Eltern «ursprünglich nicht aus der Schweiz kommen», in einem der Spots.
Frauen und Männer, die in den Eigenwerbungen mitwirken, seien «im Rahmen unterschiedlicher Sendungen entdeckt und angesprochen worden», sagt Jonathan Engmann, Kommunikation SRF, auf Nachfrage des Klein Reports. «Nachdem sie sich für eine Teilnahme begeistern liessen, führte eine Journalistin ausführliche Interviews mit ihnen, aus denen sich diese Statemens ergaben.»
Die aktuellen Eigenwerbungen sind Teil der Imagekampagne «Die Schweiz im Herzen», die SRF im November des letzten Jahres lanciert hat, und laufen beim Sender unter dem Begriff Markenpflege. Die neueste Kurzspot-Reihe ist über den Tag verteilt auf SRF1 und SRF2 sowie Online auf Play SRF, Youtube, Instagram und auf Facebook zu sehen. «In einer Woche sind das rund 100 Ausstrahlungen im Fernsehen», so Engmann.
Den Wert der Werbeplätze, die SRF wöchentlich mit Eigenwerbungen belegt, beziffert ein TV-Spezialist einer Schweizer Mediaagentur für den Klein Report: «Grob geschätzt kosten 100 Werbespots - bei einer Länge von 20 bis 30 Sekunden - im SRF-Umfeld etwa 150 000 bis 190 000 Franken. Mit Rabatten schätze ich den Wert auf 100 000 bis 120 000 Franken.»
Der angefragte TV-Spezialist vermutet, dass SRF die verwendeten Werbeflächen nicht anders hätte kapitalisieren können und bezeichnet die Anzahl der Eigenwerbungen deshalb als «nicht unüblich». «Die Buchungsauslastung in den ersten drei Quartalen war in diesem Jahr nicht so hoch. Auch Privatsender nutzen deshalb die freien Plätze für Eigenwerbungen.»
Dennoch gehen die Statements in den Spots inhaltlich weiter als die übliche Markenwerbung, indem auch medienpolitische Themen wie Service public oder Integration aufgegriffen werden. So auch ein Statement von Nik Hartmann, Moderator der Sendung «SRF bi de Lüt»: Das Format sei unterdessen «auch so etwas wie ein Stück Kulturgeschichte», befand Hartmann am Dienstag am Schweizer TV-Tag Screen-up.