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Montag
19.10.2020

TV / Radio

«Die Berichterstattung über interne Vorgänge ist mit der Chefredaktion abzusprechen», steht in den publizistischen Leitlinien von SRF.

«Die Berichterstattung über interne Vorgänge ist mit der Chefredaktion abzusprechen», steht in den publizistischen Leitlinien von SRF.

Das Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) streicht mit grosser Kelle Sendungen und Stellen. Und setzt sich der Kritik aus, dass in eigener Sache kaum kritisch berichtet wird.

Zum Beispiel «Blickpunkt Religion»: Die Sonntagssendung soll dem Streichkonzert beim SRF zum Opfer fallen. Doch mit keinem Sterbenswörtchen wurde in der letzten Ausgabe auf das Aus eingegangen.

Immerhin hätte eine Meldung in eigener Sache genau jene erreicht, die vom Wegfall der Religionssendung direkt betroffen sind. Auf Twitter wurde daher die Frage laut, ob beim SRF ein Maulkorb verteilt worden sei.

«Für die Berichterstattung über das eigene Unternehmen gelten bei SRF die publizistischen Leitlinien wie für jedes andere Thema auch», sagte Pressesprecherin Andrea Wenger auf Anfrage des Klein Report.

In ebendiesen Leitlinien findet man auf Seite 60 einen kurzen Abschnitt über die «Berichterstattung in eigener Sache»: «Über die SRG und SRF berichten wir zurückhaltend, jedoch nach den gleichen journalistischen Kriterien wie über andere Unternehmen», ist dort zu lesen. 

Und weiter: «Die Berichterstattung über interne Vorgänge ist mit der Abteilungsleitung respektive der Chefredaktion abzusprechen.»

Das ist noch gelinde gesagt. Laut der SRG-Gewerkschaft SSM sind die SRF-Redaktorinnen und -Redaktoren angehalten, «mit grösster Zurückhaltung und Vorsicht» zu berichten. 

«Das führt natürlich dazu, dass insgesamt kaum kritisch über SRF-Themen berichtet wird», wie Elena Obreschkow vom Schweizer Syndikat Medienschaffender (SSM) gegenüber dem Klein Report sagte.

Auch berichte SRF eigentlich nicht kritisch über RTS und RSI, «wohl aus demselben Grund». RTS hatte dagegen auch in der Vergangenheit bereits kontroverser über SRG-Themen berichtet.

SRF habe «auf allen Kanälen» über die Sparmassnahmen berichtet, zum Beispiel im «Echo der Zeit» oder in der «Tagesschau», hiess es bei der Pressestelle. 

Zu den konkreten Massnahmen in der Kultur, wie zum Beispiel dem Aus für «Blickpunkt Religion», hatte sich Abteilungsleiterin Susanne Wille dann am vergangenen Dienstag im «Blick ins Feuilleton» bei Radio SRF 2 den Fragen der Journalistin gestellt. 

«Es gab im Vorfeld keine Absprachen, die SRF-Journalistin war völlig frei, welche Themen sie im Interview ansprechen wollte», sagte dazu Andrea Wenger. Nächste Woche widme sich auch eine «Kontext»-Ausgabe dem Sparprogramm.

Doch das Problem reicht noch weiter. «Für SRF-Angestellte herrscht keine Meinungsäusserungsfreiheit gegen aussen bei Themen, die SRF betreffen», berichtete Obreschkow dem Klein Report.

«Mitarbeitende sind angehalten, sich in der Öffentlichkeit nicht kritisch zu SRF-Themen zu äussern. Das geht so weit, dass sie von ihren Vorgesetzten gerügt werden, wenn sie einen SRF-kritischen Artikel auf ihren privaten Accounts via Twitter oder Facebook liken oder teilen.»