Nicht alle Kandidierenden für den Nationalrat haben mit Facebook & Co. nur positive Erfahrungen gemacht. Mit negativen Erlebnissen im Zusammenhang mit sozialen Plattformen wurde die Berner Nationalratskandidatin Nadine Masshardt (SP) konfrontiert. «Jüngst wurde ich etwa von einer Person tagelang mit unhaltbaren Kommentaren und Nachrichten belästigt», sagte sie gegenüber dem Klein Report.
Das komme jedoch glücklicherweise höchst selten vor. Stossend findet Masshardt die persönlich erniedrigenden Bemerkungen. «Generell beobachte ich, dass bei einigen Leuten die Hemmschwelle bei der Kommunikation übers Internet massiv sinkt.» Was einem als Politikerin auf der Suche nach dem Puls des Volkes zugute komme, kippe manchmal ins Unermessliche. Sie versuche zwar, Anfragen (ob per Brief, E-Mail oder Facebook) rasch zu beantworten, ihr Tag habe aber auch nur 24 Stunden.
Die SP-Politikerin nutzt neben ihrer eigenen Website auch Facebook und hat zudem Youtube entdeckt. Damit hat sie bereits erste Erfahrungen gesammelt. So hat Masshardt auf Youtube drei Wahlkampfvideos veröffentlicht und parodiert darin bekannte Werbung. Besonders beliebt ist der Spot «Nadine Masshardt, what else?», eine Interpretation des Nespresso-Spots mit George Clooney. Das Video wurde bereits über 5000 Mal angeschaut. «Die genaue Altersstruktur oder aus welchen Regionen der Schweiz diese Menschen stammen, ist mir nicht bekannt», sagte Masshardt gegenüber dem Klein Report. Aus persönlichen Rückmeldungen wisse sie aber, dass die etwas andere Form von Politwerbung gut ankomme. «Dass die Videos weiterempfohlen respektive auf andere Homepages verlinkt wurden, scheint dies zu bestätigen.»
In sozialen Medien sieht sie vor allem Potenzial, um für Abstimmungen oder Wahlen zu mobilisieren. «Mir geht es im Vorfeld der Nationalratswahlen darum, auf verschiedenen Kanälen darauf hinzuweisen, wie sich die Wählerinnen und Wähler informieren können», sagte Nadine Masshardt. «Auf Youtube und bei Facebook sehe ich Möglichkeiten, potenziellen Wählerinnen und Wählern auf eine etwas andere Art und Weise eine Brücke zur Politik zu schlagen als durch klassische Werbemittel wie Plakate oder Inserate.»
Wichtiger als das Internet «ist glücklicherweise nach wie vor die persönliche Begegnung auf dem Markt, an einem Kulturanlass oder einem Podium», erklärte die Jungpolitikerin weiter. Zudem reiche es bekanntlich nicht, erst kurz vor dem Termin mit der Wahlkampagne durchzustarten. Die Mobilisierung könne nur auf solider, meist jahrelanger politischer Arbeit aufbauen. «Auf die Mobilisierung vor Wahl- oder Urnengängen können gut eingesetzte Social-Media-Aktivitäten aber dennoch einen Einfluss haben», glaubt Masshardt.
«Definitiv nicht», meint Danny Schlumpf auf die Frage, ob es reiche, dass Politikerinnen und Politiker ausschliesslich Wahlkampf über soziale Medien betreiben. Der Zürcher Nationalratskandidat (BDP) und Neffe von Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf findet, dass «immer noch die 1:1-Situationen entscheidend sind». Das könnten Plakate, Inserate und Leserbriefe genauso wenig wettmachen wie Social Networks. Der Nutzen sozialer Plattformen artikuliere sich schon im Wort selber: «sozial». «Es geht mir nicht darum, Stimmen zu `fangen`, sondern darum, stimmen zu hören. Wenn ich eine Meinung zu einem Thema habe, möchte ich wissen, was die anderen davon halten, ob sie damit einverstanden sind oder nicht», erklärt er dem Klein Report.
Es sei bereits ein paar Mal vorgekommen, dass er seine Meinung auf Facebook gepostet habe und sie nach der Lektüre der Kommentare seiner Freunde revidiert habe. Schlumpf nutzt nur Facebook, und das etwa dreimal pro Woche. Er poste nicht bei jedem Besuch etwas, oft lese er Beiträge anderer Nutzer oder setze Kommentare. «Ich habe mich nicht mit bestimmten Zielen bei Facebook angemeldet, am Anfang stand die Neugierde», sagte er dem Klein Report. Diese sei bis heute «trotz manch unerfreulicher Nachricht in Zusammenhang mit diesem Netzwerk» geblieben. Bislang habe er mit sozialen Medien aber auch keine Nachteile erlebt.