Dicke Überraschung an der Falkenstrasse: Während die Redaktion der «Neuen Zürcher Zeitung» (NZZ) das Medienfördergesetz klar ablehnt, unterstützt der Verlag das Paket in Höhe von 120 Millionen Franken.
«Als Unternehmen NZZ sehen wir die kritischen Elemente gerade bei der Online-Förderung durchaus, unterstützen das Gesamt-Paket aber als sinnvollen politischen Kompromiss und stehen somit hinter der Position des Branchenverbands Schweizer Medien», sagte NZZ-Sprecherin Seta Thakur auf Anfrage des Klein Reports am Dienstag.
«Zur Sicherung der Medienvielfalt gerade auch in den Regionen erachten wir das Paket als wichtig», begründet Thakur die Position des Verlages. Das Medienförderpaket sei eine befristete Investition in die Marktfähigkeit der Schweizer Medien vor dem Hintergrund einer zunehmenden Globalisierung.
Mit diesem Bekenntnis zu staatlichen Förderfranken stellt sich der Verlag diametral zu seiner Redaktion. Denn in einem gross aufgemachten Leitartikel von Ende Juli sprach sich NZZ-Inlandchefin Christina Neuhaus dezidiert gegen Mediensubventionen aus. In der Fussnote war glasklar zu lesen: «Die ‚Neue Zürcher Zeitung‘ würde vom neuen Medienförderungsgesetz profitieren. Sie lehnt es ab.»
Das Ja zur Medienförderung vom Verlag kommt wohl auch für die Gegner des Gesetzes überraschend. Als der Artikel von Neuhaus erschienen war, frohlockte zum Beispiel Philipp Gut, Geschäftsführer des Referendumskomitees «Staatsmedien Nein», über die Ablehnung seitens der NZZ-Redaktion. In einem Newsletter von Anfang August schrieb Gut: «Damit bekennt sich das Flaggschiff des liberalen Journalismus in der Schweiz zum Referendum ‚Staatsmedien Nein‘».
Der Verlag verteidigt nun aber seine Zustimmung zu staatlichen Geldern und argumentiert, dass die Unterstützung marktorientiert erfolge und kleine Medien stärker fördere. «Wir zeigen uns damit solidarisch gegenüber kleineren Regionalverlagen, für welche vor allem die Distributionsförderung (Posttaxen-Vergünstigung) existenzielle Bedeutung hat», schwurbelt man von Seiten des NZZ-Managements weiter.
Doch der Verlag hält sich nicht mit grundsätzlicher Kritik an der Schweizer Medienwelt zurück: «Es gilt auch zu bedenken, dass wir es hier mit nach wie vor stark regulierten und verzerrten Märkten zu tun haben – etwa durch die öffentliche Finanzierung der SRG und ihren Online-Inhalten», liess Seta Thakur gegenüber dem Klein Report ausrichten.
In den Überlegungen der NZZ spielt auch die Marktmacht von Google, Facebook und Co. eine wichtige Rolle: «Der Medienmarkt wird heute zunehmend von ausländischen Technologieunternehmen dominiert, welche Ihr Geschäftsmodell auch auf der Basis von lokalen Medieninhalten betreiben – sich aber nicht für den Journalismus und die demokratische Meinungsbildung in der Schweiz engagieren.»
Um in diesem Umfeld bestehen zu können, brauche die Schweiz faire Rahmenbedingungen für die hiesigen Medienanbieter. «Das Medienpaket stärkt daher auch den Medienstandort Schweiz und dessen journalistische Versorgung.»
Wie hoch der Förderbetrag wäre, der der NZZ zustehen würde, konnte Thakur nicht beziffern. «Für die Berechnung der Förderbeträge kommt es auf die jeweiligen Verordnungen an, welche zum Beispiel die Degressions-Sätze bestimmen und generell die Umsetzung des Medienpakets festlegen.»
Auf die viel geäusserte Kritik, dass staatliche Gelder die Unabhängigkeit der Medien bedrohen könnten, schreibt Thakur: «Wir haben seit Jahrzehnten Erfahrung mit der indirekten Presseförderung. Bei diesem Instrument sehen wir die Unabhängigkeit der Medien nicht gefährdet.»
Eine direkte Online-Förderung könnte unter diesem Aspekt in der Tat heikel sein. «Dabei gilt es aber auch zu betonen, dass es bei der Online-Förderung nicht um inhaltliche Leistungsaufträge geht, sondern um relativ mechanisch festgelegte Beträge, die sich am Umsatz orientieren», behauptet der NZZ-Verlag.
Falls es tatsächlich zu einem Urnengang über das Medienförderungsgesetz kommen würde, würde sich der Verlag aber trotz dem Ja zum Paket nicht in den Abstimmungskampf einmischen. «Das Unternehmen NZZ ist Mitglied im Verband Schweizer Medien. Die politische Arbeit für die Branche läuft über den VSM.»