Natürlich geht es bei der Verleihung des «Schweizer Journalisten» immer auch darum, die Gewinner hochleben zu lassen und sich mit ihnen über ihren Erfolg zu freuen.
Doch vor allem geht es darum, die Gelegenheit zu nutzen, um sich mit anderen Medienschaffenden auszutauschen. Über die schwierigen Zeiten im Print zu reden, darüber zu philosophieren, warum alle Medienhäuser ihr Glück im Online zu finden glauben, aber auch, um das vergangene Jahr Revue passieren zu lassen.
Für den Preisträger Marcel Gyr von der «Neuen Zürcher Zeitung» zum Beispiel war 2016 ein spannendes, aber auch sehr anstrengendes Jahr. Sein Buch «Terrorjahre in der Schweiz - Geheimabkommen mit der PLO» schlug ein wie eine Bombe.
Wie sagte doch Gastgeber und Laudator Kurt W. Zimmermann so treffend: «Es wurde gar nicht über das Buch diskutiert. Stattdessen wurde der Verfasser in ein Kreuzverhör genommen. Das war ein kleinkarierter Konkurrenzkampf.» Marcel Gyr entgegnete im Kinosaal der Hochschule der Künste an der Feier am 1. Februar: «Ja, ich hätte mir auch etwas mehr Auseinandersetzung mit dem Buch als mit mir als Autor gewünscht. Schliesslich ist es ein äusserst spannendes Thema, bei dem es noch sehr viel zu recherchieren gibt.»
Der NZZ-Journalist wurde zusammen mit Daniel Ryser von der «WochenZeitung» und Nadine Woodtli vom «Kassensturz» für die besten Recherchen des Jahres ausgezeichnet.
Nadine Woodtli: «Ich arbeite seit 33 Jahren in den Medien. Damals war Journalismus noch Männersache», so Woodtli gegenüber dem Klein Report. «Besonders freut mich deshalb, dass so viele Frauen ausgezeichnet worden sind.»
Kommen wir also gleich zu den Preisträgerinnen, die vom «Schweizer Journalisten» ausgezeichnet worden sind: Neben Nadine Woodtli wurden auch Susan Boos, Susanne Wille, Michèle Binswanger, Simone Meier, Liz Borner, Steffi Buchli und Hazel Brugger geehrt.
Die eigentliche Gewinnerin des Abends war aber Susan Boos von der WOZ. Sie wurde nicht nur als beste Chefredaktorin ausgezeichnet - die WOZ gewann gleich noch zwei weitere Preise. Und zwar wurde Daniel Ryser als Journalist des Jahres geehrt und wie bereits erwähnt ebenfalls als bester Rechercheur ausgezeichnet.
Susan Boos, Chefredaktorin der WOZ, meinte gegenüber dem Klein Report: «Wir alle fühlten uns an diesem Abend gut und wichtig. Was also will man da meckern.»
Grund zum Feiern gab es unter anderem auch für Constantin Seibt, der ja bekanntlich dem «Tagi» den Rücken gekehrt hat und zusammen mit ein paar Kollegen das Project R gegründet hat. Ein Journalist zum Klein Report: «Spannend, wie viel Hype um ein Projekt gemacht wird, das noch nichts geliefert hat.»
Abgeliefert hat dafür Philipp Löpfe von Watson, der als bester Wirtschaftsjournalist ausgezeichnet wurde. Apropos Watson: Bei der Verleihung war auch das Online-Magazin von Verleger Peter Wanner ein grosses Thema und vor allem die Frage, wie lange es noch existieren wird und wann der AZ-Verleger den Stecker ziehen muss.
Wahrscheinlich wird dann auch Laudator Kurt W. Zimmermann mit spitzer Feder darüber schreiben. Seine Premiere als Gastgeber sieht «Zimmi» durchaus selbstkritisch. «Die Präsentation war zu lang, wie immer seit zehn Jahren, und sie wird auch im nächsten Jahr wieder zu lang sein. Alte Traditionen soll man nicht verändern», so Zimmermann gegenüber dem Klein Report. «Das Feedback war ganz gut. Gefallen hat den Gästen, wie sie uns sagten, dass wir zum ersten Mal den Ablauf der Preisverleihungen mit Videos und Statements gebrochen haben. Die Litanei wurde dadurch etwas gelockert.»
Dass einige Preisträger wie Sandro Brotz, Kurt Pelda, Philipp Löpfe oder Hazel Brugger nicht anwesend waren, «sei unvermeidlich. Sie waren auf Sendung, waren auf dem Dreh oder auf Reportage, versackten mit einem Text oder hatten Spätdienst. Das kann man nicht ändern», so der Gastgeber des Abends abschliessend.
Bei Wein und Fingerfood gingen die Journalisten und Journalistinnen danach zum gemütlichen Teil des Abends über und sprachen bis Mitternacht über Klatsch und Tratsch aus der Branche.
Alex Baur von der «Weltwoche» brachte es auf den Punkt: «Die Verleihung ist wie ein Klassentreffen. Man sieht sich einmal im Jahr und tauscht sich aus. Es war schön, die alten Kollegen wieder zu treffen.»