«Auf Antrag der Geschäftsleitung der SRG hat der Verwaltungsrat die Umsetzung des Projekts `Digitale Publikumsnähe` (VPD, vicinanza al pubblico digitale) in der italienischen Schweiz beschlossen.»
RSI werde zu Beginn des kommenden Jahrzehnts «das völlig neue Angebot `Web LA 2` lancieren: mobil, online und im interaktiven Smart-TV (dem digitalen Nachfolger des analogen Teletexts)», wie die SRG am 10. November bekannt gab. «`Web LA 2` soll den Fernsehkanal RSI LA 2 ablösen und dem Publikum mehr bieten als heute», heisst es weiter.
Der Klein Report hat am Freitag bei RSI-Direktor Maurizio Canetta nachgefragt. Dieser erklärte, dass es unter anderem eine Konzessionsänderung und Umschulungsprogramme für die Mitarbeitenden sowie den Ausbau von Breitband brauche. Bei der Gruppo mediaTI läuteten danach die Alarmglocken.
Moreno Cavaliere, Delegierter Corriere del Ticino/MediaTI Marketing SA (Gruppo mediaTI) in Muzzano/Lugano, macht im Namen des Unternehmens im Klein Report eine Replik: «RSI ist also beauftragt, ihren zweiten Sender einzustellen und als reines Web-Produkt im Markt zu lancieren. Nicht in erster Linie um Kosten einzusparen, sondern um den neuen Bedürfnissen der Bevölkerung, insbesondere den Jungen, Rechnung zu tragen. Dabei soll kein Geld eingespart werden und keine Leute abgebaut werden, sondern die bestehenden Mitarbeiter sollen umgeschult werden auf die neuen Technologien. Kostenpunkt dieser Aktion dürfte bei drei Millionen Franken liegen. Gleichzeitig verzichtet man mit der Schliessung des Senders RSI La 2 auf die Werbeeinnahmen von etwa 2,0 Millionen Franken, die man mit der Vermarktung von RSI La 2 bisher generieren konnte. Da drängt sich natürlich die Frage auf, wer dies bezahlen soll?
Entweder erhöht das Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) den internen Anteil für die Südschweiz, was wenig Sinn macht, da der Anteil heute schon überproportional hoch ist und beim Spardruck, der auf SRF lastet, auch kaum glaubwürdig scheint. Oder die viel naheliegendere Möglichkeit, dass man mit der Lancierung des neuen digitalen Angebotes versucht, die rechtlichen Einschränkungen - keine Onlinewerbung bei der SRG - sowie für deren neue Vermarktungsorganisation Admeira, zu knacken.
Mehrfach betonte RSI-Direktor Maurizio Canetta, dass dies kein Pilotprojekt für die Schweiz sei, wie er gegenüber dem Klein Report am Freitag sagte, sondern eine massgeschneiderte Lösung fürs Tessin. Und selbstverständlich müssten für einen erfolgreichen Start im Jahr 2020 die Rahmenbedingungen geändert werden. Also eine neue Konzessionsvergabe für SRF sowie die Aufhebung des Werbeverbotes - für Online-Werbemärkte bei SRF und Admeira!
Genau darin liegt aber die Krux. Es scheint, dass sich das Schweizer Radio und Fernsehen nun auf verschiedenen Wegen drauf und dran macht, in diese Märkte einzudringen und damit die privaten Medienhäuser noch heftiger als bisher zu attackieren. Und dies kann nicht im Interesse der Allgemeinheit sein.
Wie stellt sich nun ein privates Medienhaus diesen Herausforderungen? Grundsätzlich sei betont, dass man aus publizistischer Sicht dieses Experiment der RSI mit Interesse verfolgt. Aber aus Sicht der Werbemärkte ist es unabdingbar, dass die geltenden Richtlinien eingehalten werden.
Die MediaTI Holding als grösstes, privates Medienunternehmen mit 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern kämpft gegen die RSI, die mit über 1100 Angestellten arbeitet, auf einem überschaubaren Markt mit etwa 300 000 Einwohnerinnen und Einwohnern - und das mit absolut ungleich langen Spiessen an allen Fronten.
Wenn da nun der RSI auch noch die Zugänge in neue Zukunftsmärkte geöffnet werden, wird der Überlebenskampf für die privaten Häuser bedrohlich. Nicht nur im Tessin. Und wenn Maurizio Canetta meint, dass seine Ressourcen mit über 1100 Mitarbeitenden schon heute nicht ausreichen um zwei Sender und ein Webangebot zu bedienen, stellt man sich natürlich schon ein paar Fragen wohin die Reise von SRF und RSI gehen soll.»