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Dienstag
02.06.2020

Werbung

«Eine Marke muss eine Initiative starten, etwas unternehmen, das in der Krise möglichst vielen Menschen hilft...»

«Eine Marke muss eine Initiative starten, etwas unternehmen, das in der Krise möglichst vielen Menschen hilft...»

«Der Markt fordert von den Marken eine Haltung». Unter dieser Schlagzeile und der Unterzeile «Überlebt die Werbung die Pandemie» hat die «SonntagsZeitung» Werber Roman Hirsbrunner (46) Fragen zur Pandemie, Branding sowie der Situation von Agenturen gestellt.

Die Corona-Krise sei für alle Marken eine Bewährungsprobe. Auf die Frage, welches die richtige Kommunikationsstrategie sei, antwortet der CEO und Mitinhaber von Jung von Matt/Limmat. «Das Wichtigste ganz zuerst: schnell und sensibel auf die neue Situation reagieren. Wir befinden uns ja tatsächlich in einer historisch einmaligen Situation: Die ganze Menscheheit ist von dieser Krise betroffen, die meisten Lebensaspekte sind tangiert.»

Für Werbung und Marketing heisse das, dass man bestehende Kampagnen auf keinen Fall stur weiterverfolgen soll. Essenziel sei vielmehr, «klare Signale zu senden: Wir, also die Menschen hinter der Marke, wissen, was passiert ist. Wir wissen, welches die aktuellen Bedürfnisse unserer Kunden sind. Wir sind Teil der Community.»

Aber damit habe ein Unternehmen noch kein Geld verdient, stellt Michael Marti die nächste Frage. Für Hirsbrunner ist gute Kommunikation in Krisen nicht absatzorientiert. «Und genau das kann zur Falle werden: Wenn eine Marke in einer Zeit, in der alle zu Hause bleiben müssen, aggressiv für Produkte wirbt, dann kommt das ganz schlecht rüber», sagt Hirsbrunner. Es bedeute nämlich, dass die Firma entweder das Kampagnen-Timing nicht im Griff habe – oder schlicht kein Gefühl für die Stimmung der Kundinnen und Kunden.

Das Stichwort heisse Brand-Initiativen. Eine Marke müsse eine Initiative starten, «etwas unternehmen, das in der Krise möglichst vielen Menschen hilft», erläutert er seine Gedanken in der «SonntagsZeitung».

Als gutes Beispiel nannte er die Aktion des französischen Luxuskonzerns LVMH, der im März einen Teil seiner Produktionskapazitäten für die Herstellung von Händedesinfektionsmitteln nutzte.

«Hygiene-Gels statt Luxus-Parfums – das ist eine enorm starke Botschaft», so der CEO von Jung von Matt. LVMH lieferte die Produkte gratis an die Gesundheitsbehörden und erhielt weltweit Aufmerksamkeit und Zustimmung.

Auf die Frage, wie sich die Branche verändern und wer überleben werde, meinte Hirsbrunner: «Wir zählen heute im Verband Leading Swiss Agencies rund 80 Agenturen. Ich gehe davon aus, dass in zehn Jahren davon nur noch 40 am Markt sein werden.»

Das bedeute aber nicht, dass mit den Agenturen zwingend die entsprechenden Dienstleistungen verschwinden müssen, so Hirsbrunner. Die Branche und der Markt würden sich neu organisieren. Das sei die Transformation, die mit der Pandemie ihr Tempo nochmals verschärft habe.