Content:

Dienstag
12.01.2016

TV / Radio

Am Samstag trabte Roger de Weck dann bei Ringier an, um den auf heftigen Widerstand stossenden Werbevermarktungskoloss mit der Swisscom und Ringier zu verteidigen.

Die beiden Journalisten Christine Maier und Peter Hossli fragten de Weck, ob es ein Trick sei, die SRG wolle ja mit den Videos an den Werbeeinnahmen partizipieren und heble so das Online-Verbot aus. «Wir haben jetzt elf Kooperationsvorschläge gemacht. Sie sind Win-win. In härteren Zeiten und im globalisierten Wettbewerb sollten die Schweizer Medien einander stärken. Uns geht es nicht um zusätzliche Einnahmen. Wir wollen unter vernünftigen Bedingungen gut zusammenarbeiten. Die Einnahmen sind minim», so de Weck, der so gleich die erste Frage nicht beantwortete.

Würde die SRG ein aktuelles Video «einer kleinen Zeitung wie den `Schaffhauser Nachrichten` zur Verfügung stellen», so de Weck, «wäre die Beteiligung an den Werbeeinnahmen eher symbolisch».

Auf die Nachfrage, wie viel das sei, meinte er: «Gewiss ein paar Franken. Wir könnten die Videos längst von Youtube (Google-Tochter Anm. d. Red.) vermarkten lassen und so mehr einnehmen.» Und weshalb machen Sie das nicht?, fragen die Ringier-Journalisten. «Es geht uns in erster Linie um handfeste, pragmatische Kooperationen mit der Medienbranche der Schweiz.»

Die nicht neuen Vorschläge der SRG werden im Interview als «Charmeoffensive» von de Weck bezeichnet. Ob es ihm um den Ruf der SRG gehe? «Der Ruf ist vorzüglich: 96 Prozent der Menschen im Lande nutzen jede Woche unser Angebot. Gibt es ein Sparprogramm, sind die Reaktionen darauf, dass wir Sendungen streichen, heftig. Unser Publikum reagiert ausserordentlich sensibel, wenn wir abbauen müssen.»

Da merken die Journalisten, dass Roger de Weck wieder Haken schlägt, und fragen nach: «Sie weichen aus: Warum die Offensive jetzt?»

Es sei der 10. Januar und er seit fünf Jahren und 10 Tagen im Amt. Er habe ein halbes Jahr, bevor er es antrat, die ersten Gespräche mit privaten Medienhäusern geführt. «Und schlug damals schon vor, zusammenzuarbeiten. Das tue ich bis zum letzten Arbeitstag», beendet er die dritte nicht direkt beantwortete Frage pathetisch.

Im Volk ist das Schweizer Radio und Fernsehen massiv unter Beschuss. Das Zufallsmehr bei der letzten RTVG-Abstimmung und die angestossene radikale No-Billag-Initiative zeigen diesen Trend deutlich.

Weshalb ist die SRG nicht mehr unantastbar?, fragen die «SonntagsBlick»-Journalisten nach, denen man in dieser heiklen Konstellation des eigenen Verlages Konzernjournalismus vorwerfen könnte. «Dreierlei. Es gibt Kräfte, welche die öffentlichen Medienhäuser kaputt schlagen möchten», so de Weck. Dann weicht er nach Grossbritannien aus, wo seiner Meinung nach Premierminister David Cameron die BBC im Mark treffen wolle. Dafür gebe es ideologische Gründe, meint er. Zudem wolle sich Cameron beim australisch-amerikanischen Tycoon Rupert Murdoch revanchieren. Der habe Cameron mit an die Macht gebracht, schliesst de Weck.

Was war der zweite Grund?, wird nachgefragt. «Viele Verlage sind in einem schwierigen Umbruch. Manche glauben, wenn das öffentliche Radio und Fernsehen geschwächt wird, stärke das die privaten Medienhäuser», wiederholt er eine von seinem Standpunkt aus falsche Kausalität.

Darauf ein Zwischenruf von Christine Maier und Peter Hossli… In einem echten Wettbewerb wäre das so... Für Roger de Weck «ist das eine Illusion», wie er sagt. «Unsere massgeblichen Konkurrenten sind die deutschen, französischen und italienischen Kanäle, dazu globale audiovisuelle Anbieter wie Netflix und Youtube.»

Und der SRG-Generaldirektor ist schon wieder in der grossen weiten Welt, deshalb intervenieren die beiden nochmals: Was ist der dritte Grund? «Es gibt eine junge Generation, die nie einen Rappen für das Abonnement einer Zeitung zahlen wird. Sie fragt sich, warum sie Gebühren für ein gutes öffentliches audiovisuelles Angebot zahlen soll», macht er sich um die Print-Verleger sorgen.

Und was hat er für die Jungen für eine Antwort parat? «Vergessen Sie nicht, dass es weniger um Verbreitung geht, sondern vor allem um Produktion», weicht er wieder aus und schwenkt nochmals weit aus: «In der kleinen Schweiz sind Sendungen von Qualität für ein breites Publikum zu 90 Prozent ein Riesenverlustgeschäft», meint er ohne wahrscheinlich viel von Low-Budget-Produktionen im Film und TV-Geschäft zu wissen.

Zum Thema Staatsfernsehen, das nicht zu einer Demokratie gehöre, so die beiden Journalisten, meinte de Weck: «Staatsfernsehen gibt es in Nordkorea oder Syrien, soweit Syrien überhaupt noch ein Staat ist», zieht er eine weite Schlaufe. «Wir sind der unabhängigste öffentliche Anbieter in Europa», greift der ehemalige Journalist gar locker in die Saiten.

«Es gibt aber Kräfte, die die SRG in ein Staatsfernsehen verwandeln möchten. Wäre jeweils ein Vertreter der grössten Partei Generaldirektor der SRG...», er wird unterbrochen, Alt-Nationalrat Christoph Mörgeli von der SVP verlangte das, kommt eine Zwischenbemerkung, «…dann wären wir in der Tat beim Staatsfernsehen und Staatsradio», so de Weck und weicht wieder aus, indem er für alle Schweizer redet, die keine Obrigkeit mögen und die «ein Staatsfernsehen nie akzeptieren würden». Als Staatsfernsehen hätte die SRG nicht den geringsten Erfolg, fügt er staatstragend noch an.

Und wie erkläre er sich den Angriff von rechts? Es gebe Kritik von allen Seiten. «Ein Teil der Rechten findet, wir seien ein linker Haufen - obwohl sich jetzt der zweite SVP-Bundesrat einen SRG-Journalisten als Kommunikationschef holt. Die Linke klagt, wir seien zu volkstümlich. Und die Mitte kritisiert, sie käme zu kurz. Eine allseitige mittlere Unzufriedenheit ist ein Indiz, dass wir einigermassen richtig liegen», gibt er sich abschliessend selber die Absolution.