Offiziell gab es keine Informationen. Nur eine Pressekonferenz der saudischen Staatsanwaltschaft, die den westlichen Demokratien ein besonderes Weihnachtsgeschenk ablieferte: Fünf Personen seien in Saudi-Arabien wegen der Beteiligung an der Ermordung des ehemaligen Kolumnisten der «Washington Post», Jamal Khashoggi, verurteilt worden.
Es gibt keine Namen, kein Gerichtsurteil und auch keinen international wirksamen Protest. Selbstverständlich beklagte sich die UN-Berichterstatterin nach der saudischen Verkündung an Heiligabend, das Urteil sei eine «Farce».
Doch es wird nichts geschehen. Der saudi-arabische Kronprinz Mohammed bin Salman räumt zwar die politische Verantwortung für die Tat ein, bestreitet jedoch, vom Mord gewusst zu haben.
Dies gilt als unglaubwürdig, da der PR-Berater des Kronprinzen, der Geheimdienst-Vize und der saudische Generalkonsul in Istanbul als enge Vertraute des Kronprinzen gelten und in den Medien als Mitwisser des Mordes an Khashoggi immer wieder aufgeführt werden.
Die drei Männer wurden übrigens an der Pressekonferenz von jedem Verdacht freigesprochen. Präsident Trump, den USA und der Europäischen Union ist der Fall Khashoggi so peinlich wie China Cables, doch realpolitisch gilt: Business geht in jedem Fall vor Demokratie.
Im 21. Jahrhundert sind die medialen Empörungsstürme zwar um ein Vielfaches höher als zu Zeiten des Kalten Krieges. Anders als damals zeigen sämtliche Enthüllungen zu Gulags, politischen Morden, zur Korruption auf höchster Ebene, ja sogar zu neuen Lagern zwecks «Umerziehung» einer Million Menschen keinerlei politische Konsequenzen.
Allen westlichen Demokratien sind Erdölzufuhr, Exportgarantien für heimische Unternehmen und die Förderung der Plattform-Kapitalisten wichtiger als demokratische Freiheiten. In der Prioritätenskala nimmt darüber hinaus der Schutz von Journalisten je länger, desto mehr unterirdische Stufen ein.
Auch Bundespräsident Ueli Maurer pflegt gute Beziehungen zum saudi-arabischen Erdölreich. Im Oktober 2019 traf der höchste Schweizer den saudischen König Salman bin Abdulaziz sowie den Kronprinzen Mohammed bin Salman, um die Verbindungen zu stärken. Begleitet wurde der Bundepräsident von hohen Repräsentanten aus dem schweizerischen Bankensektor. Saudi-Arabien ist mit 2,9 Milliarden Franken Handelsvolumen (2018) ein wichtiger Partner in der Golfregion.