Die Mehrheit der Medienschaffenden in der Schweiz spricht von schlechter gewordenen Arbeitsbedingungen. Werden die Umstände für Journis wirklich immer schlechter? Und wird es in Zukunft vielleicht gar keine Journalistinnen und Journalisten mehr brauchen? Der Präsident der Schweizer Journalistenschule MAZ, Res Strehle, im Gespräch mit dem Klein Report.
Die «Journalisten-Studie 2018» des Markt- und Meinungsforschungsinstituts Marketagent.com Schweiz AG hat im Februar 332 Medienschaffende aus der ganzen Schweiz befragt. Die Umfrage, die vergangene Woche veröffentlicht wurde, hat unter anderem ergeben, dass die Arbeitsbedingungen hierzulande immer schlechter werden. Insgesamt 79 Prozent der befragten Journalistinnen und Journalisten sprechen von einem schlechter gewordenen Arbeitsumfeld. Für elf Prozent bleibt die Arbeitssituation im Vergleich zu früher unverändert.
Der Ex-Chefredaktor des «Tages-Anzeigers», Res Strehle, sieht das ähnlich, wie die Mehrheit der befragten Journis: «Ja, es ist in unserem Beruf schon deutlich schwieriger und anspruchsvoller geworden als früher.» Als grösste Herausforderung bezeichnen 62 Prozent der Journalistinnen und Journalisten die anhaltende Konsolidierung der Medienlandschaft sowie den Kostendruck.
Es werde tatsächlich immer schwieriger, den Journalismus aus dem Anzeigegeschäft zu finanzieren, sagt auch der Präsident des Stiftungsrats der Journalistenschule. «Und die Deutschschweiz ist im internationalen Vergleich ein kleiner Markt, die Westschweiz und das Tessin erst recht», so Strehle gegenüber dem Klein Report.
Ist es für Medienschaffende deshalb ratsam, sich in Zukunft breiter aufzustellen und sich vielleicht auch für andere Texter- oder Kommunikationsjobs fit zu machen? Besser nicht zu eng aufstellen, so der Medienkenner. «Aber entscheidend wird sein, in einem inhaltlichen oder medialen Bereich herausragende Kompetenz zu haben. Damit wird man/frau unersetzlich und ist jederzeit auch für andere Texter- und Kommunikationsjobs fit.»
In Schwarzmalerei will der Tamedia-Berater für publizistische Projekte nicht verfallen. Gerade die Schweiz sei ein Ort, wo Bildung und Wissen über die Zukunftschancen am Arbeitsmarkt entscheiden würden. Der fachkompetente Journalismus leiste dazu einen wichtigen Beitrag. Deshalb glaubt Res Strehle, dass es auch in Zukunft noch Journalistinnen und Journalisten brauchen wird. «Ausserdem funktioniert direkte Demokratie umso besser, je besser die Menschen informiert sind. Social media fehlt das journalistische Handwerk, Computern jede journalistische Fähigkeit über repetitive Aufgaben hinaus.»
In der Diplomausbildung Journalismus am MAZ bewege sich die Zahl der Absolventen aktuell leicht unter dem Vorjahr, aber im Durchschnitt der vergangenen Jahre, so der MAZ-Präsident. «Wache, neugierige Journalistinnen und Journalisten mit Kompetenz in einem Bereich werden stets gefragt bleiben.» Journalismus werde auch ein attraktiver Einstiegsberuf bleiben, man könne damit sogar Ministerpräsident werden wie in Katalonien.
Für Res Strehle bleibt der Journalismus weiterhin ein Traumberuf: «Man bleibt wach, im intensiven Austausch mit Akteur/innen und Leser/innen und setzt sich auf eine Weise mit der Zeitgeschichte auseinander, die einmalig ist. Ausserdem sind Sprache und Bild grossartige Ausdrucksmittel. Ich habe in meinem Leben keine Sekunde bereut, diesen Beruf gewählt zu haben.»