Die «Republik» hat wegen eines Artikels aus der Serie «Tamedia Papers» harte Kritik einstecken müssen. Der Tamedia-Journalist Philippe Reichen wirft dem Onlinemagazin mangelnde Anhörung vor. Ausserdem habe der «Republik»-Autor über eine Person geschrieben, die ihn finanziell unterstützt, so Reichen.
In der Artikelserie mit dem verheissungsvollen Namen «Tamedia Papers» nehmen die «Republik» und das Westschweizer Portal «Heidi.news» den Zürcher Medienkonzern unter die Lupe. Im neusten Kapitel, das am Donnerstag erschienen ist, wird dem Medienhaus eine «dampfwalzenähnliche Wirkung» attestiert.
«Heidi.news»-Chefredaktor Serge Michel schreibt im Artikel über vermeintliche Medienkampagnen und Gerichtsklagen, die im Zusammenhang mit Veröffentlichungen in Tamedia-Zeitungen stehen. So berichtet Michel unter anderem in seinem Artikel über «Opfer von Medienkampagnen seitens der Zeitungen oder Journalistinnen von Tamedia».
Eines dieser Opfer soll der Waadtländer Finanzdirektor Pascal Broulis sein. Gemäss «Republik» wurde dem FDP-Politiker im Februar 2018 in einem Artikel des «Tages-Anzeigers» Steueroptimierung vorgeworfen. In weiteren Texten wurde unter anderem über die Einschulung von Broulis’ Sohn in Lausanne geschrieben.
Broulis selber kommt in der «Republik» zu Wort: «Ich befinde mich seit drei Jahren in einem unbegreiflichen Strudel.» Er verwahre sich gegen elf Artikel, die über ihn geschrieben wurden und in der gesamten «Tamedia-Galaxie» erschienen seien, sodass es in der Summe um mehr als 100 Fälle gehe, so das Onlinemagazin weiter.
Die besagten «Tages-Anzeiger»-Artikel stammen aus der Feder von Westschweiz-Korrespondent Philippe Reichen, der sich am Donnerstag leicht genervt auf Twitter meldete. Reichen wandte sich an die «Republik» und schrieb in mehreren Tweets: «Heute schreibt ihr ausführlich über eine Zivilklage, die der Waadtländer Finanzdirektor Pascal Broulis gegen mich eingereicht hat. Glaubt mir, ich hätte dazu auch etwas zu sagen gehabt. Aber ich bin von euch nicht kontaktiert worden.»
Weiter twitterte Reichen, dass er «gerne» darauf hingewiesen hätte, dass «euer Autor und seine Redaktion von Kläger Frederik Paulsen eine Spende über 250'000 Franken bekommen hat». Frederik Paulsen ist ein in der Schweiz ansässiger Geschäftsmann und Milliardär, der sich ähnlich wie Pascal Broulis gerichtlich gegen Artikel der Tamedia-Titel zur Wehr setzte.
Mit diesem Tweet macht Philippe Reichen auf ein pikantes Detail aufmerksam: «Heidi.news», das mit der «Republik» die oben erwähnte Artikelserie über Tamedia veröffentlicht, hat Spenden von der Pharmafirma Ferring erhalten, die Frederik Paulsen gehört und dessen Verwaltungsratspräsident er ist.
Kurzgefasst: Serge Michel schreibt in der «Republik» über angebliche Opfer von Medienkampagnen durch Tamedia, hört einen beschuldigten Journalisten selber aber nicht an. Eines der beklagten Opfer ist eben Frederik Paulsen, der wiederum dem Portal von Serge Michel und dem «Republik»-Partnermedium «Heidi.news» eine Spende von 250'000 Franken gezahlt haben soll.
Das Onlinemagazin sah sich auf Twitter einem kleinen Entrüstungssturm ausgesetzt – und nahm später ebenfalls auf dem Kurznachrichtendienst Stellung dazu. Die «Republik» schrieb: «Die Finanzierung unseres Kooperationspartners ist im Beitrag transparent ausgewiesen. Die ‚Republik’ nimmt keine Grossspenden an und hat die Hälfte der Kosten für die Rechercheserie übernommen.»
Dazu, dass sie Philippe Reichen nicht zu Wort hat kommen lassen, schrieb das Magazin: «Sollten wir unterschätzt haben, dass einer der involvierten Journalisten privat beklagt wird, der gerne auch persönlich Stellung genommen hätte, bitten wir um Entschuldigung. Wir sind mit dem Journalisten in Kontakt.»
Und tatsächlich: Der Artikel wurde am Donnerstagnachmittag aktualisiert, wie der Klein Report sah, und er wurde mit einer kurzen Stellungnahme von Philippe Reichen und einem Nachtrag am Schluss ergänzt. Interessanterweise hat Reichen seinen Tweet mit der Paulsen-Spende im Nachhinein gelöscht.