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Sonntag
29.12.2019

Medien / Publizistik

Christof Moser: «Unser Firmenkonstrukt ist so gebaut, dass Investoren den Kurs der Firma kaum beeinflussen können» (Bild: Republik).

Christof Moser: «Unser Firmenkonstrukt ist so gebaut, dass Investoren den Kurs der Firma kaum beeinflussen können» (Bild: Republik).

Anfang Dezember hat sich die «Republik» an ihre Leserinnen und Leser gewandt: Bis Ende März 2020 müssen 19'000 Abos abgeschlossen werden und mehr als zwei Millionen Franken zusammenkommen. Ansonsten drohe der finanzielle Kollaps – und die Kündigung aller Angestellten.

«Republik»-Chefredaktor und Mitgründer Christof Moser erklärt im Interview mit dem Klein Report, wie es so weit kommen konnte.

Die «Republik» ist im April 2017 mit einem grossen Crowdfunding gestartet. Über zweieinhalb Jahre danach geht es ums Überleben. Warum ist das so schnell gegangen?
Christof Moser: «Das Crowdfunding hat die Anschubfinanzierung sichergestellt, also konkret den Aufbau der Publikationsplattform, einer schlagkräftigen Redaktion, der Firma und der Genossenschaft. Wir haben von Anfang an gesagt, dass wir mit den gesammelten Mitteln zwei Jahre sicherstellen können. Die sind jetzt um, und damit ist der Moment gekommen für einen weiteren Markttest: Kommt die 'Republik' bei den Leserinnen und Lesern gut genug an, dass sie das Überleben verdient hat? Die Unterstützung der letzten Tage ist geradezu überwältigend.»

Waren Sie und das Team zu übermütig?
Moser: «Das würde ich nicht sagen. Das, was wir entwickeln, ein digitales Magazin und ein werbefreies, leserfinanziertes Geschäftsmodell, gibt es so noch nicht. Wir mussten sehr viele Annahmen treffen und haben erst jetzt Erfahrungswerte, die wir nun für die Weiterentwicklung heranziehen können. Was wir sicher getan haben, und was auch nicht einfach falsch war: sehr viel ausprobiert in den ersten 24 Monaten. Dazu gehört auch, dass man Fehler macht, aus denen man lernt. Grundsätzlich gilt aber: Ein Start-up kämpft bis zum Break-Even immer ums Überleben.»

Im vergangenen Sommer wurde das Budget der «Republik» um eine Million Franken gekürzt. Was wurde konkret gemacht?
Moser: «Wir haben Stellen in der Redaktion und im Verlag gekürzt, die Trainee-Ausbildung von vier auf zwei Stellen halbiert, sowie das Feuilleton-Freelance-Budget und den Rechercheetat, der nicht voll ausgeschöpft wurde, verkleinert. Das haben wir auch alles kommuniziert.»

Eine mögliche Einnahmequelle wären Werbung und Inserate. Weshalb wird auch in finanzieller Schieflage konsequent darauf verzichtet?
Moser: «Werbefreiheit ist ein Alleinstellungsmerkmal der 'Republik', viele unserer Leserinnen und Leser schätzen genau das. Wir wissen alle, wie direkt heute der Einfluss von Werbung auf redaktionelle Inhalte ist. Die 'Republik' hat nur einen Kunden, den sie begeistern will: Und das sind die Leserinnen und Leser. Daran wird sich nichts ändern.»

Inwiefern ist der Einheitslohn von 8000 Schweizer Franken gerechtfertigt, wenn gleichzeitig droht, dass die «Republik» den Betrieb einstellen muss?
Moser: «Wir stehen für faire Löhne und für die Einhaltung der Gewerkschaftsansätze für Freie. Die 'Republik' braucht es nicht, wenn sie Lohndumping betreiben muss, wie es in der Branche üblich ist. Die 8000 Franken sind ja auf eine 100-Prozent-Stelle gerechnet. Aber die Wenigsten arbeiten bei uns mehr als 80 Prozent.»

Im Ausgabenbudget der Republik AG für Juli 2019 bis Juni 2020 sind Sachkosten für freie Journalistinnen und Journalisten von 365’000 Franken vorgesehen. Warum leistet sich die «Republik» so viele Arbeiten von Freien, während sie etwa 30 Vollzeitstellen in der eigenen Redaktion beschäftigt?
Moser: «Wir beschäftigen nicht 30 Personen in der Redaktion, sondern haben 29,7 Vollzeitstellen für das ganze Unternehmen, inklusive Verlag, IT, Community, Marketing und Genossenschaft. Wir finden es wichtig, die Schweizer Freelancer-Szene, die von den etablierten Verlagen auf nicht-existenzsichernde Honorare herunter gespart wurde, zu beleben. Diversität ist für eine Publikation entscheidend, deshalb sind Inputs und Geschichten von ausserhalb eine Bereicherung.»

Als neuer Geldgeber ist der Initiator der «Justiz-Initiative», Adrian Gasser, eingestiegen. Wie können Sie garantieren, dass das Team weiterhin unabhängig über diese Initiative berichten kann?
Moser: «Unser Firmenkonstrukt ist so gebaut, dass Investoren den Kurs der Firma kaum beeinflussen können. Das Unternehmen gehört den Verlegern und den Gründern. Die Übersicht über das Aktionariat und die Stimmkraft ist online verfügbar und wird immer aktualisiert. Die Redaktion ist in diesem Konstrukt völlig unabhängig und unsere Justiz-Verantwortliche Brigitte Hürlimann kann eine Laufbahn vorweisen, die auf Unabhängigkeit und kritischer Justizberichterstattung basiert.»

Momentan reicht das Geld nicht. Werden noch weitere Investoren gesucht?
Moser: «Ja, die jetzt noch fehlenden 1,2 Millionen Franken werden wohl hauptsächlich durch Investoren gedeckt. Wir haben sehr viele Anfragen. Der Verwaltungsrat und die Geschäftsleitung arbeiten daran, die Redaktion ist in diese Arbeiten nicht involviert.»

Zu ihren Investoren gehören auch die Gebrüder Meili. Wie sieht das zukünftige Engagement von ihnen aus?
Christof Moser: «Die sind und bleiben Aktionäre.»