Die Recherchen eines internationalen Journalistenkonsortiums, die am 20. Januar von rund 50 Medien weltweit veröffentlicht wurden, enthüllten wichtige Informationen über den Schweizer Finanzplatz, sein Bankgeheimnis und dessen Schattenseiten.
Inzwischen hat sich auch Reporter ohne Grenzen zu den Vorgängen gemeldet.
Die Schweizer Medien konnten sich jedoch aufgrund einer besonderen Bestimmung im Schweizer Bankengesetz, die erst 2015 eingeführt wurde, nicht an diesen Recherchen beteiligen.
Durch eine Änderung des berühmten Artikels 47 des Bankengesetzes zum Bankgeheimnis wurde die Bestrafung von Straftätern nämlich über den traditionellen Kreis des in einem Bankinstitut tätigen Personals hinaus ausgeweitet.
Jede Person, die gestohlene Bankdaten zu ihrem eigenen Vorteil oder zum Vorteil eines Dritten verwendet, kann sich nun der Verletzung des Bankgeheimnisses schuldig machen, selbst wenn sie nicht in dem betreffenden Institut tätig ist und sogar, wenn sie keine Funktion im Bankwesen ausübt.
So verstanden, stellt Artikel 47 des Bankengesetzes eine unzulässige Bedrohung für die Informationsfreiheit dar. «Da die durch das Bankdatenleck bekannt gewordenen Informationen wahr sind und zu einer Debatte von allgemeinem Interesse beitragen, ist ihre Veröffentlichung durch die Medien von der Pressefreiheit geschützt, die sowohl durch die Bundesverfassung als auch durch die Europäische Menschenrechtskonvention garantiert wird», betont Denis Masmejan, Generalsekretär von Reporter ohne Grenzen Schweiz.
Handelt es sich um Informationen, die von den Medien unter Einhaltung der Berufsregeln enthüllt werden und zu einer Debatte von allgemeinem Interesse beitragen, «duldet der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte nur wenige Ausnahmen von der Pressefreiheit», schreibt RSF.
Die Gründe, die einer Veröffentlichung entgegenstehen würden, müssen von besonderer Bedeutung sein, was in den Augen von RSF Schweiz hier nicht der Fall ist.
RSF Schweiz wünscht sich deshalb, dass die Schweizer Justizbehörden das Ausmass dieser Herausforderung erkennen und von jeglicher Verfolgung von Journalisten absehen. «Unsere Organisation ruft zudem Bundesrat und Parlament auf, Artikel 47 zu ändern, um die Veröffentlichung von wahrheitsgetreuen Informationen von allgemeinem Interesse durch die Medien von der Anwendung dieser Bestimmung auszuschliessen.»