Bei den regionalen Sendern sucht man nach einer neuen Lösung zur Erhebung der TV-Zahlen. Die aktuellen Zahlen, die nach dem neuen System von Kantar erhoben wurden, genügen ihnen nicht. Die Schwankungen bei den Zahlen seien zu gross, als dass nützliche Rückschlüsse für die Gestaltung des Sendeprogramms gezogen werden könnten, so die einhellige Kritik.
«Die Mitgliederversammlung (...) hat demzufolge entschieden, ihren Mitgliedern die Kündigung ihrer Verträge mit Mediapulse zu empfehlen», teilte Telesuisse, der Verband der Schweizer Regionalfernsehen, am letzten Donnerstag mit. Auf die Frage des Klein Reports, ob bereits Mitglieder der Aufforderung nachgekommen seien und die Verträge gekündigt hätten, meinte Telesuisse-Präsident André Moesch: «Telesuisse hat seine Mitglieder nicht `aufgefordert`. Die Mitglieder haben vielmehr den Vorstand beauftragt, Alternativen zu suchen.»
Verschiedene Stationen prüfen aber bereits, ob sie Mediapulse den Rücken kehren sollen. Auch TVO, dessen Geschäftsführer Moesch ist, ist da keine Ausnahme. «Wir prüfen die Auflösung der Zusammenarbeit», bestätigte er. Ähnlich tönt es in den anderen Regionen. «Wir prüfen den Vorschlag, die Zusammenarbeit mit Mediapulse zu beenden», sagte Dominik Prétôt, Geschäftsführer von Telebasel dem Klein Report. «Wir würden das aber mit Telesuisse koordinieren.»
Bei Tele Südostschweiz wird die Zusammenarbeit ebenfalls noch diskutiert, allerdings ist das Ergebnis schon konkreter. «Wir haben die interne Prüfung noch nicht abgeschlossen, werden der Empfehlung von Telesuisse aber voraussichtlich folgen und entsprechend keinen Vertrag mit Mediapulse abschliessen», sagte Geschäftsführer Silvio Lebrument. Ebenfalls noch nicht entschieden ist die Frage bei Tele 1, TeleBielingue und den Sendern der AZ Medien. «Wir werden Ende April über das weitere Vorgehen entscheiden», sagte AZ-Sprecherin Ursulina Stecher gegenüber dem Klein Report.
Fest steht, dass sich mindestens acht Regionalsender nicht sicher sind, ob sie beim vorliegenden Zahlenmaterial weiter mit Mediapulse zusammenarbeiten wollen. «Aufgrund der wenigen Daten, die uns vorliegen, wird das kaum der Fall sein», so Lebrument. «Die Situation kann sich nur verbessern.» Auch André Moesch gab an, dass das bestehende Zahlenmaterial ihren Anforderungen nicht genügen würde.
«Die Schwankungen sind zu signifikant, als dass diese plausibel so passieren könnten», so Dominik Prétôt. Weitere Anpassungen an der Auswertung der Daten hält er aber nicht für zweckdienlich. «Man müsste mehr Geräte nehmen und die Grundgesamtheit erhöhen», sagte er. «Alles andere wäre unglaubwürdig.» Auch Tele-1-Chefredaktor Oliver Kuhn ist ähnlicher Meinung. «Es ist keine Frage, ob das System nicht auch auf die schweizerischen Verhältnisse angepasst werden könnte. Das System ist mehrfach erprobt und arbeitet in anderen Ländern zufriedenstellend», sagte er. «Die Frage ist vielmehr, ob sich Kantar die Anpassungen leisten kann.» Kuhn rechnet damit, dass viermal so viele Messkästchen eingesetzt werden müssten, damit die Regionalen ebenfalls auf verlässliche Zahlen zurückgreifen könnten. «Ob sich das finanzieren lässt, steht auf einem anderen Blatt, müsste allerdings von Mediapulse beantwortet werden.»
Was aber wäre die Alternative zum Messsystem von Kantar? Telebasel-Geschäftsführer Dominik Prétôt kann sich vorstellen, künftig auf eine eigene Umfrage zu setzen. «Mit den finanziellen Mitteln, die wir jetzt für die TV-Zahlen von Mediapulse aufwenden und die frei werden würden, hätten wir eine Menge Möglichkeiten», sagte er. «So eine Umfrage wäre sehr erstrebenswert, denn wir könnten beispielsweise auch prüfen, welcher Moderator wie gut ankommt. Das ist jetzt nicht möglich.»
Falls eine eigene Umfrage eingeführt würde, müssten die Regionalsender nicht bei null beginnen. «Es ist längst so, dass wir mittels repräsentativer Marktforschung `eigene` Erhebungen durchführen mussten», sagte Tele-1-Chefredaktor Kuhn. «Schliesslich sind wir es unseren Programmschaffenden, aber auch dem Publikum schuldig, den Leistungsauftrag möglichst gut erfüllen zu können.»
Aber nicht bei allen stösst der Vorschlag, künftig auf eigene Erhebungen zu setzen, auf offene Ohren. «Das ist nicht erstrebenswert», so Marcel Geissbühler, Delegierter des Verwaltungsrates von TeleBielingue. «Eine brauchbare, verlässliche Branchenstudie und einheitliche Währung wäre optimal. Die Methode muss allerdings die Bedürfnisse aller Marktteilnehmer und die Nutzungssituation korrekt und sauber abbilden können.» Auch TeleTop-Geschäftsführer Günter Heuberger erachtet es als falsch, wenn eine eigene Erhebung auf die Beine gestellt würde, und Ursulina Stecher von den AZ Medien würde eine «einheitliche Messung» begrüssen.
Auch bei Mediapulse kommt keine Begeisterung auf. «Die Entscheidung liegt bei jedem einzelnen Regionalsender», sagte Mediapulse-Sprecher Nico Gurtner. «Ein Alleingang vereinzelter regionaler Sender macht aus unserer Sicht keinen Sinn. Dieser würde vor allem den Sendern selbst schaden.»
Dass die Zusammenarbeit mit Mediapulse bei einem Entscheid für eine separate Umfrage für die Regionalsender beendet würde, steht nicht fest. «Das alles heisst nicht, dass wir nie mehr mit Mediapulse zusammenarbeiten werden», meinte Telebasel-Chef Dominik Prétôt. «Das neue Konzept für die Umfrage könnte beispielsweise auch von Mediapulse kommen.»