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Donnerstag
27.06.2019

Medien / Publizistik

Ruhe vor dem Sturm: Im Weissen Saal des Zürcher Volkshauses trafen sich die Gläubiger

Ruhe vor dem Sturm: Im Weissen Saal des Zürcher Volkshauses trafen sich die Gläubiger

Im spektakulären Publicitas-Konkursverfahren ist ein erster Meilenstein gesetzt worden: Am Mittwoch hat die Gläubigerversammlung nach hitziger Debatte die Inkasso-Vereinbarung zwischen der Konkursmasse, Thalos und mehreren Verlagen abgesegnet.

Die Blockade beim Eintreiben der ausstehenden Debitorenforderungen – es geht um 24,7 Millionen Franken – ist somit fürs erste gelöst. Doch der Deal steht noch auf wackligen Beinen: Es läuft seit Mittwoch eine fünftägige Einsprachefrist bei der Aufsichtsbehörde.

Von den 735 P-Gläubigern waren ab 14 Uhr zwischen 60 und 70 Personen im Weissen Saal des Zürcher Volkshauses, die zusammen 240 Gläubiger vertreten haben. Die Gläubigerversammlung war damit beschlussfähig, wie für das Protokoll festgehalten wurde.

Nach einer Berichterstattung der Konkursverwaltung über den Gang des Verfahrens stand die Wahl einer ausseramtlichen Konkursverwaltung an. «Wir verfügen nicht über die notwendigen Ressourcen und Strukturen, um das Verfahren über einen längeren Zeitraum stemmen zu können», begründete Marco Lucchinetti, Notar-Stellvertreter vom zuständigen Konkursamt Aussersihl-Zürich, den Antrag.

Die Gläubiger folgten seinem Vorschlag und wählten die Anwälte Brigitte Umbach-Spahn und Stephan Kesselbach zur neuen Konkursverwaltung, die bereits als Hilfspersonen in das Verfahren involviert waren. Das Nachsehen hatte die Firma Transliq AG. Diese wurde im Vorfeld von Admeira angefragt, sich ebenfalls zur Wahl zu stellen.

Weiter ging es im Programm mit der Wahl des Gläubigerausschusses: Acht Personen buhlten um fünf Plätze, die es zu besetzen galt. Mit jeweils über 200 Stimmen wurden Migros-Vertreter Daniel Hunkeler, Roman Bretschger (NZZ), Beat Weinwurm (Tachezy Kleger Fürer AG), Felix C. Meier-Dieterle (Tamedia) und Marcel Bircher (Ex-Publicitas) gewählt.

Erwähnenswert: Der Jurist Bircher, der bis zum Konkurs für die P tätig war, arbeitet unterdessen ausgerechnet für Tamedia, wie er vor der Wahl offenlegte. Mit 236 Stimmen erhielt er trotz möglichem Interessenkonflikt den Vorzug gegenüber den nicht gewählten Kandidaten Christophe Wilhelm (ESH), Andreas Spycher (Adveritas) und Jürg Frick (Homburger AG).

Richtig brisant wurde es dann beim nächsten Traktandum. Es ging um die Inkasso-Vereinbarung vom 27. Mai 2019. Darin einigten sich die Publicitas Konkursmasse, Thalos und diverse Verlage (Tamedia, NZZ, Basler Zeitung, Somedia, ESH, Admeira, TCS, AZ Medien) auf ein gemeinsames Vorgehen, um die ausstehenden Debitorenforderungen von 24,7 Millionen noch einzukassieren.

Auch ein Verteilschlüssel ist Teil dieses Deals: Dort wird festgelegt, wer wie viel erhält, wenn die offenen Millionen-Forderungen noch bezahlt werden. Dieser Punkt war unter den Gläubigern besonders umstritten, was zu einigen hitzigen Voten führte.

Kleinere und mittelgrosse Verlage, die nicht Teil der Vereinbarung sind, beklagten sich darüber, dass sie bei den Verhandlungen komplett aussen vor gelassen worden seien. Bei der Verteilung der Inkasso-Erlöse würden sie nun schlechter gestellt als die Verlage, die mitreden konnten.

Doch nach einer hitzigen Debatte über die Vor- und Nachteile des Inkasso-Deals stimmten die Gläubiger mit 226 Stimmen am Ende doch deutlich für dessen Annahme – das bei 7 Nein-Stimmen und 3 Enthaltungen.

Nun gilt es die fünftägige Anfechtungsfrist abzuwarten. Zur Erinnerung: Die erste Gläubigerversammlung vom 6. November 2018 musste komplett wiederholt werden, weil sie nachträglich als «nicht beschlussfähig» beurteilt wurde – die Aufsichtsbehörde hatte eine von Admeira eingereichte Beschwerde angenommen.

So war die Versammlung vom Mittwoch, 26. Juni 2019, bekanntlich bereits die «zweite erste Gläubigerversammlung». Auch eine «dritte erste Gläubigerversammlung» wäre also noch möglich.

Ohnehin ist der Publicitas-Konkurs ein epochaler Fall. Der Klein Report ist deshalb umso erstaunter darüber, dass an der dreistündigen Gläubigerversammlung im Volkshaus überhaupt keine weiteren Medienvertreter mit dabei waren.