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Donnerstag
13.01.2011

Es hörte sich an wie ein nettes Referat an der Senioren-Universität. Im Internetzeitalter sei interaktive Kommunikation angesagt anstelle der Einweg-Kommunikation in der herkömmlichen Werbung. Und: «Wer im Web 2.0 nicht mitmacht, wird früher oder später selber mitgemacht.» Die Anwesenden lauschten der 43-jährigen Professorin Miriam Meckel gebannt, nickten ihr bisweilen gar beipflichtend zu.

Die International Advertising Association IAA, der Network-Zirkel des Marketing-Kommunikation-Kuchens, lud am Mittwoch zum Mittagslunch ins Zürcher Nobelhotel Savoy Baur en Ville am Paradeplatz. Und die IAA-Mitglieder strömten herbei: Weit über 100 Gäste liessen sich das knapp einstündige Referat der HSG-Professorin für Corporate Communication nicht entgehen, um anschliessend mit Boeuf braisé au vin rouge belohnt zu werden.

Wenn das nur die Kunden der versammelten Schar von Kommunikationsberatern, Werbefachleuten und PR-Profis nicht mitbekommen! Zwar war Meckels Referat ein Hörgenuss. Dies aber weniger wegen der vermittelten Inhalte, sondern viel eher dank ihres rhetorischen Schwungs. Sie sei noch etwas grippig, verkündete sie zu Beginn dem Saal - nach dem sie dem Klein Report anvertraut hatte, gar unter Einfluss von Medikamenten zu stehen. Der Redegewandtheit tat dies jedoch keinen Abbruch.

Inhaltlich kam die Dozentin und Kommunikationsberaterin jedoch kaum über das Übliche hinaus, das sich anhörte, als sei es für die von ihr beschworene Minderheit der Schweizer Bevölkerung gedacht, die kein Facebook-Profil besitzt und auch nur gelegentlich ihre Mails checkt. So erklärte Meckel, dass sich im Zeitalter der interaktiven Communities Kommunikation nicht mehr von den Editors und Publishern frei gestalten lasse. «Heute, wo zwei Drittel der Menschen in unseren Breitengraden in Social Networks aktiv, aber lediglich 30 Prozent der Unternehmen auf den Plattformen präsent sind, gilt es, aufzuholen», gab Meckel eine Binsenwahrheit der Kommunikationsbranche zum Besten.

Dabei lauerten jedoch auch Gefahren im Community-Marketing: Je nach Dynamik könnten sogenannte Reputations-Terroristen mit einem Youtube-Filmchen über einen schlampigen Aussendienstmitarbeiter einen riesigen Schaden für das betreffende Unternehmen anrichten, umschrieb Meckel gar das Internet-Menetekel schlechthin.

In solchen Fällen gehe es darum, sofort zu reagieren, denn «alles im Netz geschieht blitzschnell», so eine weitere These von Meckel. Auch das Posting unter falschem Namen lohne sich langfristig nicht, da das Internet «hypertransparent» sei: «Gefakte Infos im Netz sind tödlich.» Schliesslich seien die Kundengespräche von früher einfach ins Netz verlegt worden. «Doch die Menschen haben nach wie vor das Bedürfnis nach Interaktion, Austausch und Vernetzung», weiss Meckel. Für ein Unternehmen sei es deshalb wichtig, jede Stimme ernst zu nehmen. Nur so könne eine positive Corporate Reputation erarbeitet werden.

Weshalb die Professorin Miriam Meckel in eigener Sache jedoch von der verkündeten Heilsbotschaft abweicht, bleibt ihr Geheimnis. Gerne hätte der Klein Report die Kommunikationsfachfrau zu einem professionellen TV-Interview geladen und einige Dinge im Interview nachgefragt und vertieft. Sowohl per Brief als auch per E-Mail blieben die Leitungen stumm - es war auch noch Weihnachten und Neujahr dazwischen. Mit Kommunikationsleuten hat der Klein Report doppelt Geduld.