Die Abstimmung über die Medienförderung rückt näher; Umfragen geben einem Nein eine reelle Chance. Entsprechend nimmt die Hektik der potenziellen Profiteure zu.
Ein Kommentar für den Klein Report von Artur K. Vogel, Journalist und Schriftsteller, Chefredaktor «Der Bund» von 2007 bis 2015.
Erst versuchte Tamedia-Verleger und Miteigentümer Pietro Supino, seine Leserschaft mit einem wortreichen Kommentar in seinen eigenen Zeitungen einzuseifen und schwafelte von einem «Ökosystem», das es zu erhalten gelte – als wenn Informationsmedien ein schützenswertes Biosphärenreservat bildeten.
Dann schlug CH-Media-Verleger Peter Wanner zu, der dagegen vorgeht, dass das Nein-Komitee auf Plakaten sein Konterfei – neben jenem von Michael Ringier und von Pietro Supino – abdruckte. Wanner sieht seine Persönlichkeit verletzt. Zudem empörte er sich über den Slogan «Keine Steuermilliarden für Medienmillionäre».
Es gehe gar nicht um Milliarden, sagte Wanner. Da hat er recht: Es geht «nur» um eine gute Milliarde – vorerst. Zumindest im Fall von Supino und Ringier hätte man den Slogan umdrehen können, denn beider Familien gehören laut «Bilanz» (aus dem Ringier-Verlag) zu jenen, zum erlauchten Kreis der Milliardäre. Korrekt müsste es also heissen: «Keine Steuermilliarde für Medienmilliardäre!»
Und jetzt Ladina Heimgartner, 2020 von der SRG-Generaldirektion in die Ringier-Führungsetage eingewechselt. In einem Kommentar im «Blick» drückt sie auf die Tränendrüsen: «Echter Journalismus ist nie nur Beruf, sondern immer auch Berufung.» Wie Millionensubventionen an Grossverleger, private Radio- und RTV-Sender sowie Online-Bezahlmedien dieser «Berufung» förderlich sein sollten, erklärt uns die CEO der Blick-Gruppe leider nicht.
Der «Blick» sei «etwas knalliger und nahe bei den Menschen», klärt uns Ladina Heimgartner stattdessen auf. Echt jetzt! Das haben wir wirklich nicht gewusst. Die NZZ habe «einen nüchternen Stil», wohingegen die «Engadiner Post» das Lokale in den Mittelpunkt stelle. Diese Medienvielfalt bereichere die Schweiz, und «genau diese Vielfalt will das Medienpaket stärken».
Dumm nur, dass zwar der «Blick» als grosse Bezahlzeitung ein paar zusätzliche Millionen einstreichen würde, für die «Engadiner Post» jedoch nur ein paar Brosamen aus dem Subventionskuchen abfielen. Und die Redaktion der NZZ scheint, wenn man deren Kommentierung verfolgt, tendenziell sowieso gegen das Medienpaket (beziehungsweise Medienpäckli der Grossverleger und der Bundespolitiker) zu sein. (Zwischenbemerkung: Auch gewisse Journalisten aus Tamedia- und CH-Media-Redaktionen äussern ihre Skepsis gegenüber der Medienvorlage, wagen aber nicht, sich öffentlich zu äussern, weil sie Angst um ihre Jobs haben.)
Der «Blick» illustriert gleichzeitig eindrücklich die Fragwürdigkeit der Medienförderung in der vorgeschlagenen Version: Seine bezahlte Auflage sank seit 2007 von 240'066 um mehr als die Hälfte auf 106'508 Exemplare, jene des «Tages-Anzeigers» seit 2008 von 213'738 auf 112'457 Exemplare. Mit den Millionen für Medienmilliardäre würden wir in erster Linie das auslaufende Modell der gedruckten Zeitung stützen, das zunehmend von elektronischen Datenträgern abgelöst wird. Dass der «Tagi» oder der «Blick» auf dem Handy oder dem PC weniger demokratiefördernd sein sollten als auf Zeitungspapier, kann niemand im Ernst behaupten wollen.
Der Boss von Ladina Heimgartner heisst Marc Walder. Kürzlich ist bekannt geworden, wie er in den Anfängen der Corona-Pandemie seine eigenen Blätter und die anderen Verleger auf eine staatstragende, regierungstreue Linie einschwören wollte. Gegner der staatlichen Medienförderung kritisieren, mit dieser würden Medien und der Staat noch näher verbandelt als bisher. Dass dieses Szenario durchaus real werden könnte, legt Walders vorauseilende Ergebenheitsardresse an die bundesrätliche Corona-Politik durchaus nahe.
Am Ende ihres Kommentars behauptete Ladina Heimgartner dreist: «Das Gesetz unterstützt insbesondere die kleineren und mittleren Medien dabei, sich fit zu machen für die digitale Zukunft.» Das Gegenteil ist der Fall: Das Gesetz hilft den grossen Verlagen, ihre Print-Titel weiterhin zu günstigen Konditionen vertreiben zu können und gleichzeitig, wie in den vergangenen Jahren ausreichend demonstriert, sich weitere kleine und mittlere Medien einzuverleiben.