Auch wenn es sich letztlich nur um einen Testversuch handelte: Es hagelte von allen Seiten massive Kritik, als bekannt wurde, dass die Post seit letztem Sommer unleserliche Empfängeradressen von ihrer Tochterfirma in Vietnam kontrollieren lässt. Die Post belässt es beim Testversuch. Denn der politische Druck war dann doch zu gross.
Es hört sich an wie eine Schnapsidee: Die Post lässt unleserliche Empfängeradresse in Vietnam checken. Die Post schickte Adressen, die Scanner im Briefzentrum Zürich-Mülligen nicht vollständig erkannt hatten, verschlüsselt nach Asien.
Dort verglichen vietnamesische Angestellten der Konzerngesellschaft Swiss Post Solution die Adressen mit den Adressdaten der Post und versahen diese mit einem zusätzlichen Code. Laut der Post hatten damit die Sendungen in den Schweizer Briefzentren genauer sortiert werden können, schreibt die «Handelszeitung».
Dass sich die Post für diese Dienste Vietnam ausgesucht hat, liegt vom finanziellen Standpunkt her natürlich auf der Hand. Die mühsame Detektivarbeit hätte in der Schweiz viel mehr gekostet als in Vietnam, wo das Durchschnittseinkommen laut Weltbank bei 1260 US-Dollar pro Jahr (Bruttonationaleinkommen 2011 je Einwohner) beträgt. Zum Vergleich: In der Schweiz lag das Durchschnittseinkommen im selben Jahr bei 76 380 US-Dollar.
Das Vorhaben der Post sorgte für grosses Unverständnis. Post-Chefin Susanne Ruoff musste zusammen mit Post-Ministerin Doris Leuthard in der zuständigen Nationalratskommission antraben und sich von den Parlamentariern harsche Kritik anhören.
In einer Motion forderte der CVP-Nationalrat Martin Candinas vom Bundesrat, diese angebliche Auslagerung von bestehenden Arbeitsplätzen unverzüglich zu stoppen.
Der Bündner Politiker argumentierte, dass die Prüfung der Adressen ebenso in Schweizer Randregionen erledigt werden könnte, zumal in den bestehenden Logistikzentren zur Retourenverarbeitung und Videocodierung in Chur und in Sitten in den vergangenen Jahren massiv Stellen abgebaut wurden.
Die Argumentationen Candidas haben ihren Zweck erreicht. Aufgrund der negativen Reaktionen von Politik und Öffentlichkeit hat die Post nun entschieden, das Projekt in Vietnam nicht zu realisieren.