Die Abstimmung über das bevorstehende Medienförderungspaket «ist absolut existenziell für unsere Branche». Aber auch das in den nächsten Monaten zur Diskussion stehende Leistungsschutzrecht werde existenziell für die Branche, falls es nämlich nicht eingeführt werde, dann gäbe es «auf Dauer in der Schweiz keine privaten Medien mehr!».
Nichts weniger als diese zwei dramatischen Thesen waren also der Einstieg von Pietro Supino an der online abgehaltenen Dreikönigstagung des Verlegerverbandes in den Studios von Tele Züri (CH Media) in Zürich am Mittwochmorgen. Pietro Supino hat gelernt. Alarmismus im Extrem.
Ursula Klein, Chefredaktorin und Verlegerin des Klein Reports, hat sich die Diskussion angehört. Ein Kommentar.
Nach dem Referat von Prof. Dr. Bernhard Pörksen («sagen, was ist, … andere Meinungen nicht abwerten»), Medienwissenschaftler an der Universität Tübingen, sprach an einem Podium im Auftrag von CH Media Pascal Hollenstein, Leiter Publizistik CH Media, das zu 50 Prozent Verleger Peter Wanner aus dem Aargau gehört.
Nun muss man wissen, dass mehr als 70 Prozent der Gelder des sogenannten Medienförderungspaketes an die TX Group und an CH Media (NZZ-Regionalmedien und «Aargauer Zeitung») gehen. Ein paar Millionen, so um die fünf bis acht Millionen Franken, wie Marc Walder in einem Interview mit der «NZZ am Sonntag» meinte, gehen an Ringier, was aber gemäss dem CEO für «seinen» Medienkonzern vernachlässigbar sei, wie er mehrfach während des Kampagnen-Marketings verkündete.
Ringier ist zwar nicht in dem vom CEO der TX Group Pietro Supino dominierten Verlegerverband. Dennoch unterstützt Ringier das Paket, nobel, nicht wahr?
Der an der Dreikönigstagung nicht anwesende Verleger Peter Wanner äusserte sich bereits in einem von der NZZ über ihn gemachten Porträt fast etwas widerwillig zum bevorstehenden möglichen Geldsegen. Er ist zwar der grosse Gewinner des rückwärtsgewandten Medienförderungsgesetztes, aber er unterstütze es «ohne grosse Begeistertung». Nobel.
Es tönt harsch, aber die Wanners, die immer gern von Liberalismus und Unternehmertum reden, sind durch die Pandemie und Staatsgelder erst richtig zu Multimillionären geworden. Ein Grund, weshalb es der 77-jährige Wanner in Zürich schwer hat.
Moderator Hugo Bigi führte durch die 90 Minuten, mit ab und an interessanten Zwischenfragen, wie der möglichen Abhängigkeit der Medien durch ihren Geldgeber Staat. Salbungsreich wurde das notabene von Nicht-Journalisten zurückgewiesen, wie Thomas Egger, Geschäftsführer Schweizerische Arbeitsgemeinschaft der Berggebiete SAB, der brav das Kampagnenen-Narrativ äusserte: «Dann wären die Medien ja schon die letzten 170 Jahre staatsnah», womit er auf die langjährigen Post-Subventionen bei den Print-Titeln ansprach.
Das ohrenbetäubende Schweigen der Journalistinnen und Journalisten bei Tamedia beispielsweise fällt auf. Offensichtlich wirkt das «mute» des PR-Plans von Farner/Rod für das Pro-Komittee. Ein Komitee übrigens, das indirekt über den Verlegerpräsidenten Pietro Supino läuft.
Der Klein Report hat mit einer Handvoll Journalisten bei Tamedia darüber gesprochen. Sie alle machen die Faust im Sack. Denn: Es schreibt sich doch keine Journalistin, kein Journalist selber in die Arbeitslosigkeit. Eine spätere Beförderung wäre ausgeschlossen.
Wegducken ist das Wort der Zeit sowie die phönixartige Auferstehung des Konzernjournalismus. Bereits beginnen einige Journalisten andersdenkende Journalisten öffentlich zu diskreditieren. Nicht nobel.
Auch viele Verlagshäuser und ihre Marketingvasallen nutzen ihre Stellung hemmungslos aus, um Werbegelder zu verteilen. Genau so, wie das die staatlichen Betriebe auch schon lange machen. «Schreibst du nicht gut über uns, gibts keine Werbung!»
Es tut weh, zu sehen und zu hören, wie weit fortgeschritten diese Abhängigkeit bereits ist. Für Vielfalt im Medienbereich braucht es Mut, keine Monopole! Keine finanziellen Verflechtungen bis unter den Dachstock.
Auch der noch neue Geschäftsführer des Verlegerverbands Schweizer Medien, Stefan Wabel, mühte sich redlich ab. Zu Beginn eher nervös, brachte er gegen Schluss seine Wahlkampfansage in der Livestream-Veranstaltung vom 5. Januar noch unter die durchschnittlich 250 zuhörenden Personen: «Ich appelliere an Sie, sagen Sie jetzt Ja bei ihren Familien, stehen Sie jetzt ein für das Mediengesetz …» Es klang verzweifelt.
Dieser Abstimmungskampf, der mehrheitlich durch die Gier von grösseren Verlegern und durch das etatistische Gebaren von SP-Bundesrätin Simonetta Sommaruga ausgelöst worden ist, dürfte das normale Volk, das in der schwersten Krise des Landes steht und von dem viele um ihr berufliches Überleben kämpfen, weiter von den Medien entfremden. Gar nicht nobel.