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Donnerstag
25.10.2018

Medien / Publizistik

bouquet

Mit einem Blumenstrauss in der Hand klingelte ein «Blick»-Journalist bei drei erwachsenen Töchtern, deren Mutter erst Tage zuvor in einem Aargauer Dorf brutal von ihrem Freund ermordet worden war. Noch bevor die Beerdigung stattfand, habe er die Angehörigen zu Auskünften gedrängt.

Die Beratungsstelle Opferhilfe Aargau Solothurn reichte Beschwerde beim Presserat ein. Der betreffende Journalist sei unaufgefordert in den Privatbereich der Familie eingedrungen. Die Töchter erlebten dessen Besuch als «bedrängend, manipulativ und absolut pietätlos».

Der Mann habe suggeriert, ein Bekannter der Familie zu sein, und gleichzeitig erwähnt, dass er beim «Blick» arbeitet. Mehrmals hätten die Töchter gesagt, dass sie keinen Kontakt wünschen. Dennoch seien sie zu Aussagen gedrängt worden, indem der Journalist zum Beispiel Behauptungen aufgestellt habe, welche sie dann korrigiert hätten.

Auch ein Bild der Mutter hätten die Töchter nur widerwillig ausgehändigt. Es sei ihnen gedroht worden, dass andernfalls ein Bild der Mutter zusammen mit dem Täter in der Zeitung abgedruckt werde.

Der anwaltlich vertretene Journalist versicherte vor dem Presserat, dass ihm die Tür freiwillig geöffnet worden sei. Von einem Eindringen in den Privatbereich könne keine Rede sein: Keiner habe versucht, das Gespräch zu beenden oder den Journalisten des Hauses zu verweisen, erklärte er. Die Töchter hätten «aus freien Stücken» gesprochen.

Daher seien auch die Zitate in seinem Text nicht zu beanstanden. So sei weder eine Autorisierung verlangt noch ein Zitierverbot ausgesprochen worden.

Der Presserat bezieht zu den Umständen des Gesprächs keine klare Position: Es stehe «grossenteils Aussage gegen Aussage», schreibt das Ethikgremium am Mittwoch. So könne auch nicht beurteilt werden, ob eine Einwilligung zu einem Gespräch gegeben wurde oder nicht.

Hingegen hätte der «Blick»-Journalist die Töchter darauf hinweisen müssen, dass sie ein Recht darauf hatten, den Text vor der Veröffentlichung zu autorisieren. Es erscheine dem Presserat «durchaus plausibel», dass den medienunerfahrenen Töchtern nicht klar gewesen sei, dass sie zitiert werden könnten.

Inhaltlich hat das Gremium im beanstandeten «Blick»-Artikel hingegen nichts zu bemängeln: Die Angehörigen der Verstorbenen würden «nicht negativ dargestellt», die Zeitung habe auch «keine sensationellen Informationen» preisgegeben, heisst es in der Stellungnahme.

Gleichzeitig konstatiert der Presserat: Hätte der Journalist seine Pflicht erfüllt und die Befragten über ihr Recht zur Autorisierung des Textes informiert, so «wäre der Artikel in dieser Form wohl nicht möglich gewesen».