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Montag
07.05.2012

Peter Weigelt, der als Verwaltungsrat beim Schweizer Sportfernsehen SSF zurückgetreten ist, ist enttäuscht: nicht über die eigene Leistung, sondern über das Bundesverwaltungsgericht, den Tamedia-Konzern und die Mediaagenturen. Im Interview mit dem Klein Report erklärt er, weshalb.

Klein Report: Weshalb waren Sie davon ausgegangen, dass mit «kostenloser Verbreitung» - wie es in der Must-Carry-Verfügung steht - auch die Zuführungskosten gemeint sind?
Peter Weigelt: «Als ehemaliger Sprecher der RTVG im Nationalrat weiss ich sehr wohl, was der Wille des Gesetzgebers war. Wir haben dies auch in unserer Replik an das Bundesverwaltungsgericht sauber ausgeführt.»

Klein Report: Halten Sie die Trennung von Verbreitungskosten und Zuführungkosten nicht für sinnvoll?
Weigelt: «Sie war nie Wille des Gesetzgebers und ist damit auch unzulässig.»

Klein Report: Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ist gefällt. Hoffen Sie nun, dass der Bakom-Entscheid, auf den Sie sich berufen, in Zukunft - etwa durch politische Vorstösse - wieder umgestossen werden könnte?
Weigelt: «Dies wäre sinnlos, denn die Zeit, die ein solcher Vorstoss bis zur Wirkung in der Praxis beansprucht, ist länger als die noch verbleibende Zeit der analogen TV-Übertragung ...»

Klein Report: Nun müssen Sie die Kosten für Zuführung auch rückwirkend bezahlen. Heisst das, sämtliche Kosten bis zurück ins Jahr 2011?
Weigelt: «Für das SSF fallen sie vom Zeitpunkt der Aufschaltung beim entsprechenden Kabelnetzbetreiber (KNU) an, also sehr unterschiedlich. Wir sind mit zahlreichen KNU diesbezüglich im Streit, was am Schluss rauskommt, wird wohl wieder Sache der Gerichte sein.»

Klein Report: Kann der Sender das finanziell verkraften oder haben diese Mehrkosten dazu geführt, dass das Programm auf online umgestellt wurde?
Weigelt: «Die Strategie `Online` hat nichts mit dem Must-Carry-Verfahren zu tun, sondern misst sich an der schweizerischen «Sparten-TV-Realität». Die Kosten für die Streitfälle sind zurückgestellt.»

Klein Report: Aber wird es nach wie vor ein Vollprogramm geben?
Weigelt: «Ja, auch die kommende Sportsaison 2012/13 wird analog und digital im SSF abgebildet.»

Klein Report: Sie ziehen sich nun zusammen mit Giorgio Behr aus dem Verwaltungsrat zurück. Sind Sie tatsächlich nur wegen der neuen Internetstrategie und den Produktionspartnern ausgestiegen?
Weigelt: «Giorgio Behr und ich bleiben selbstverständlich dem SSF in vielfacher Weise erhalten, von einem Ausstieg also keine Spur. Wir haben von Beginn weg als Investoren darauf hingewiesen, dass wir die drei Jahre Must Carry als Anlaufphase garantieren und begleiten - und dass in der Folge das SSF langfristig aufgestellt werden muss. Es ist uns ein Anliegen, neue Kräfte in die Verantwortung mit einzubinden. Dies haben wir mit einem sehr frontnahen Verwaltungsrat sichergestellt. Im Übrigen ist das ein Vorgehen, das durchaus Vorbildcharakter haben sollte.»

Klein Report: Sie sind Gründer und Geldgeber: Hat da nicht auch Enttäuschung mitgespielt?
Weigelt: «Enttäuscht sind wir sicherlich vom Tamedia-Konzern, mit dem wir über Tele Züri eine Zusammenarbeit hatten, der aber gleichzeitig keine einzige Zusicherung eingehalten hat. So wird das Programm des SSF auch heute noch in der «Sonntagszeitung» nicht publiziert, trotz Zusicherungen von ganz oben ... Auch seitens der Mediaagenturen kommt einige Enttäuschung auf, dass man in der Schweiz immer noch nicht bereit ist, ein Sparten-Rating zu messen, ohne das ein Spartensender natürlich keine marktfähigen Zahlen erreicht. Diese `Enttäuschungen` sind aber sicherlich kein Grund für die personelle Erneuerung im VR, sondern diese erfolgte langfristig geplant und strategisch abgestützt. Und Enttäuschung über das SSF gibt es nicht, wir haben sehr positive Rückmeldungen und glauben weiterhin daran, dass der Schweizer Rand- und Breitensport eine Fernsehpräsenz verdient.»