Seit das Öffentlichkeitsgesetz 2006 in Kraft trat, sorgten immer mal wieder astronomische Gebühren für Kritik. Die Staatspolitische Kommission des Ständerates hat sich nun mit knapper Mehrheit gegen einen kostenlosen Zugang zu amtlichen Dokumenten gesperrt.
In den Eidgenössischen Räten ist seit über fünf Jahren eine parlamentarische Initiative hängig, die verlangt, dass für den Zugang zu amtlichen Dokumenten grundsätzlich keine Gebühr mehr erhoben wird. Die Bürger oder Journalistinnen dürften demnach von den Behörden nur noch dann zur Kasse gebeten werden, «wenn der Aufwand der Verwaltung in keinem vertretbaren Verhältnis zum öffentlichen Interesse steht», heisst es im Initiativtext von SP-Nationalrätin Edith Graf-Litscher.
Zwar verlangen die Ämter in der grossen Mehrheit der Gesuche, die dem Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB) gemeldet werden, keine Gebühren; so im Jahr 2020 zum Beispiel bei 98 Prozent der Anfragen. Und doch wurden in der Vergangenheit immer mal wieder Fälle bekannt, wo Behörden Akteneinsicht zu Mondpreisen anboten.
So etwa bei der Beschaffung von Duro-Fahrzeugen, wo laut Graf-Litscher eine Bürgergruppe allein für die Prüfung des Aktenzugangs dem Bundesamt für Rüstung (Armasuisse) 7'900 Franken hätte hinblättern müssen. Und einer Lärmschutzvereinigung sei für den Zugang zu einem 90-seitigen Bericht eine Rechnung von 16'500 Franken in Aussicht gestellt worden.
Von markanter «Behinderung» der journalistischen Recherche war auch in einem offenen Brief zu lesen, den Chefredaktoren und Journalistinnen im letzten Mai nach Bern schickten. So hätte das Bundesamt für Landwirtschaft vom «Beobachter» galaktische 275'000 Franken für eine Liste der Bezüger von Verkäsungszulagen verlangt, wie der Klein Report berichtete.
Dem stehen die moderaten Zahlen von Adrian Lobsiger gegenüber. Laut dem Jahresbericht des Öffentlichkeitsbeauftragten wurden zuletzt 2020 für den Zugang zu amtlichen Dokumenten übers Jahr und alle Ämter verteilt insgesamt 15’189 Franken Gebühren erhoben. 2019 waren es 18'185 Franken.
SP-Nationalrätin Graf-Litscher sprach vielen Medienschaffenden aus dem Herzen, als sie 2016 ihre Forderung nach Gebührenfreiheit erhob: «Ganz offensichtlich werden Gebühren von einigen Verwaltungsstellen gezielt als Zugangshindernis eingesetzt, was dem Geist des Öffentlichkeitsgesetzes widerspricht.»
Seither wird in Bern in einer seltsam verfahrenen Konstellation um die gebührenfreie Akteneinsicht gerungen. In der Vernehmlassung fand die Forderung breite Zustimmung. Auch der Bundesrat stellte sich hinter den Kern der Vorlage. Und der Nationalrat hiess sie sowohl in der Frühlings- wie auch in der Herbstsession gut, zuletzt mit einer wuchtigen Mehrheit von 132 gegen 47 Stimmen.
Schwer tut sich mit dem kostenlosen Akten-Service des «bürgernahen Staates» eigentlich nur der Ständerat. In der Sommersession sprach er sich dagegen aus, überhaupt auf das Gesetz einzutreten. Rückt er nicht von seiner Position ab, wird das Geschäft versenkt.
Und dieses Szenario zeichnet sich nun immer deutlicher ab. Die Staatspolitische Kommission der Kleinen Kammer hat ihrem Rat am Dienstag mit 7 zu 5 Stimmen beantragt, an seinem Beschluss festzuhalten, nicht auf die Vorlage einzutreten.
«Die jüngsten Debatten im Nationalrat haben in den Augen der Kommission keine neuen, überzeugenden Anhaltspunkte für eine Änderung des geltenden Rechts gebracht, das die Kommission für adäquat hält», teilte das Kommissionssekretariat in aller Kürze mit.