Jürg Bachmann ist von den Mitgliedern von KS/CS Kommunikation Schweiz zum neuen Präsidenten des Dachverbands gewählt worden.
Im Interview mit dem Klein Report, das Ursula Klein und Simon Wenger mit Bachmann geführt haben, spricht der neue KS-Präsident darüber, wie er seine neue Rolle ausfüllen und seine verschiedenen, zum Teil divergierenden, Ämter unter einen Hut bringen will. Und wie er den Verlust von Filippo Lombardis direktem Draht ins Bundeshaus wettmachen will.
Sie sind am 7. Mai zum neuen Präsidenten von KS/CS Kommunikation Schweiz gewählt worden. Herzliche Gratulation! Was reizt Sie besonders an diesem Amt?
Jürg Bachmann: «Ich war die letzten Monate eng in den Fokussierungsprozess eingebunden. Dabei habe ich gesehen, welch grosser Handlungsbedarf auf die Werbebranche zukommt. Denn Gesellschaft und Politik neigen oft dazu, Themen, die scheinbar nicht lösbar sind, mit Verboten zu belegen. Diese lösen zwar das Problem nicht. Sie beruhigen bestenfalls das Gewissen, behindern aber wichtige Bereiche unserer Volkswirtschaft, zum Beispiel die Werbewirtschaft. Ich möchte einen Beitrag leisten für die Werbefreiheit. Denn ohne Werbefreiheit kein transparenter Konsum und keine Demokratie.»
Was sind die ersten drei Etappenziele, die Sie mit dem Verband erreichen wollen?
Bachmann: «Zuerst wird sich der neue Vorstand treffen. Dort werden wir die Prioritäten für die nächsten Monate und Jahre bestimmen sowie die Strategie, wie wir sie erreichen wollen. KS/CS muss Initiativen ergreifen, die der Werbefreiheit dienen. Und dazu rechtzeitig über verschiedene Kanäle wahrnehmbar sein.»
Sie folgen auf das politische Schwergewicht Filippo Lombardi, der zwanzig Jahre im Ständerat politisierte. Nun fehlt dem Verband der direkte Zugang zu den Parlamentariern im Bundeshaus. Was sind Ihre Ideen, um dies wettzumachen? Wie wird Ihr Lobbying konkret aussehen?
Jürg Bachmann: «Filippo Lombardi hat in den elf Jahren, in denen er KS/CS geleitet hat, ausgezeichnete Arbeit geleistet. Natürlich konnte er von direkten Kontakten im Ratszimmer profitieren. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass gute Kontakte zu Parlamentsmitgliedern auch von ausserhalb gepflegt werden können. Wichtig ist, dass Anliegen, die ein Verband an Parlamentsmitglieder trägt, rechtzeitig und gut begründet bei ihnen ankommen. Gelingt es, Parlamentsmitglieder mit nachvollziehbaren Argumenten von der Notwendigkeit eines gesetzgeberischen Schrittes zu überzeugen, setzen sie sich oft auch dafür ein.»
Einige im Verband haben damit gerechnet, dass Roger Harlacher Präsident werden könnte. Was denken Sie, aus welchen Gründen haben sich die Verbandsmitglieder für Sie entschieden?
Bachmann: «Diese Frage müssen Sie den Verbandsmitgliedern stellen. Selbstverständlich gibt es bei KS/CS viele Fachpersonen, die dieses Amt ausgezeichnet ausüben könnten. Ich denke, es braucht vor allem ein langjähriges Netzwerk in die Werbe-, Kommunikations- und Medienbranche. Und die Freude, sich kulturell und sprachlich gern in allen Landesteilen der Schweiz zu bewegen. Leider spreche ich nicht romanisch.»
KS/CS Kommunikation Schweiz hat unlängst angekündigt, sich einer Verjüngungskur zu unterziehen. Sie sitzen nicht nur im Verwaltungsrat der Seniorweb AG und sind Redaktionsleiter der Zeitschrift «SeniorIn»; mit bald 68 Jahren sind Sie sogar noch drei Jahre älter als Ihr Vorgänger Lombardi. Wie passt das zum Verjüngungscredo?
Jürg Bachmann: «Wir haben den Vorstand vergrössert und die Mitglieder haben viele jüngere Fachleute gewählt. Das war ein guter Schritt. Im Übrigen habe ich gelernt, dass nicht zuerst der Jahrgang zählt, sondern die Bereitschaft, sich vorstellen zu können, wie ein Produkt oder eine Branche in 10, 20, 30 Jahren aussehen könnte. Und zu erkennen, was schon heute einzuleiten ist, damit sie auch dann noch erfolgreich ist. Mit dem diversen Alters- und Kompetenzmix im neuen Vorstand ist KS/CS gut aufgestellt.»
In der Schweizer Vermarktungsszene hat Goldbach (TX Group) nicht den allerbesten Ruf. Für dieses Unternehmen arbeiten Sie seit fast 20 Jahren, zeitweise als Kommunikations- und Marketing-Leiter, heute noch in einem Teilzeitpensum für Public Affairs. Wie gehen Sie um mit diesem Spannungsfeld in Ihrem neuen Amt, in dem es darum geht, die Branche möglichst geschlossen hinter sich zu versammeln?
Bachmann: «Ja, nächstes Jahr arbeite ich seit 20 Jahren für Goldbach. Ich bin stolz auf dieses Unternehmen und immer wieder begeistert von der hohen Qualität und Leistung der tollen Goldbach-Equipe. Aber klar: Bei KS/CS setze ich mich für alle Verbandsmitglieder ein. Ich weiss, dass ein Verband dann erfolgreich ist, wenn alle Mitglieder von seiner Arbeit profitieren und einen Nutzen davon haben. Für einen Dachverband gilt das erst recht. Ich bin es gewohnt, meine Positionen klar zu deklarieren. Da bei KS/CS alle Mitglieder das gleiche Interesse haben, nämlich eine möglichst freie Werbeordnung, wird es kaum Zielkonflikte geben.»
Erst vor Kurzem sind Sie in Ihrem Amt als Präsident des Verbands Schweizer Privatradios (VSP) bestätigt worden. Aber auch sonst sind Sie in der Radiobranche sehr engagiert, zum Beispiel als Vorsitzender der Geschäftsführung der Swiss Radioplayer GmbH, als Verwaltungsrat der Mediapulse AG oder als Gesellschafter und Geschäftsführer der Radio Volare GmbH. Hand aufs Herz: Wie bringen Sie all diese Ämter unter einen Hut?
Jürg Bachmann: «In Ihrer Aufzählung hat es auch Aufgaben, die mich nicht jeden Tag beschäftigen. Aber klar, sie erfordern immer meine Aufmerksamkeit. Sie bewegen sich alle im Bereich Werbung und Medien. Was ich hier lerne, setze ich dort wieder ein. So kann ich effizient arbeiten. Und ich bin so organisiert, dass ich mir für alle Aufgaben genug Zeit nehmen kann.»
In puncto möglicher Interessenkonflikte: Was sagen Sie zu der Mutmassung, dass Radiowerbung bei KS/CS Kommunikation Schweiz in Zukunft bevorzugt behandelt werden könnte?
Bachmann: «Wie schon erwähnt, setze ich mich selbstverständlich für alle Werbeformen und Verbandsmitglieder ein. Das ist mein Mandat und alle haben die gleichen Ziele: viel Werbefreiheit, wenig Werbeverbote, wo nötig Selbstregulierung der Branche und ein effizientes Reputationsmanagement für die Werbung. Wenn auch Radiowerbung von meinem Engagement bei KS/CS profitiert, gönne ich das den Radios und es freut mich.»
Die TX Group hat mit Verlegerpräsident Pietro Supino in der Medienbranche bereits starken Einfluss auf die Verbandspolitik. Mit Ihrer Wahl kann der Eindruck entstehen, dass der Zürcher Medienkonzern nun auch noch nach der Verbandspolitik in der Werbebranche greift. Immerhin sitzt an der Verbandsspitze von KS/CS mit Ihnen nun ein langjähriger Goldbach-Mann. Stimmt der Eindruck?
Jürg Bachmann: «Wer einen Verband führt, weiss, dass es ein Dienst an der Branche und der gemeinsamen Sache ist. Er oder sie muss alle Verbandmitglieder mitnehmen, auch wenn die spezifischen Unternehmensinteressen der Mitglieder manchmal auseinanderliegen. Es sind die verbindenden Ziele aller Mitglieder, die einen Verband weiterbringen. Ein Verbandspräsidium hat auch viel mit Moderation und Mediation zu tun. Ein kompakter Verband ist ein starker Verband. Auch beim Verband Schweizer Privatradios sind nicht immer alle Interessen auf einer Linie. Wir wissen aber, dass wir gemeinsam stark sind. So bringen wir es immer wieder fertig, dass unsere Anliegen in den Gesetzgebungsprozess einfliessen. So stelle ich es mir auch bei KS/CS vor.»
Was muss KS/CS Kommunikation Schweiz in fünf Jahren erreicht haben, damit Sie sich sagen können: «Well done»?
Bachmann: «Es muss weniger Werbeverbote geben, dafür kluge, mehrheitsfähige Selbstregulierungslösungen. Und die Werbung muss wieder den guten Ruf haben, den sie und alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Branche, die ausgezeichnete Arbeit leisten, verdienen.»