Lucia M. Eppmann, die frisch gewählte Chefredaktorin des «Tagblatt der Stadt Zürich», kommt in unruhiger Zeit an Bord: Der Vertrag für die Publikation der amtlichen Mitteilungen zwischen der Stadt Zürich und der Tagblatt der Stadt Zürich AG, an der Tamedia 85 Prozent und die NZZ 15 Prozent halten, wird auf Anfang 2018 neu vergeben. Der Klein Report hat bei Stadtschreiberin Claudia Cuche-Curti nachgefragt, was sich mit der Neuausschreibung ändert und ob die Stadt einen «Plan B» hat.
Der Amtsblattvertrag ist im November 2015 um ein Jahr auf Ende 2017 verlängert worden, mit dem Argument, dass die Verordnung zum neuen Gemeindegesetz in Vernehmlassung sei. Haben sich die Rahmenbedingungen für amtliche Publikationen in der Stadt Zürich inzwischen geklärt?
Claudia Cuche-Curti: «Ja, die Rahmenbedingungen haben sich vor kurzem glücklicherweise geklärt. Somit kann die für letzten Herbst vorgesehene und bis auf weiteres aufgeschobene Ausschreibung demnächst lanciert werden. Darüber sind wir sehr froh, da wir endlich Nägel mit Köpfen machen möchten.»
Was hat sich geändert?
Cuche-Curti: «Die ursprüngliche Version der Verordnung zum neuen Gemeindegesetz hatte für alle Gemeinden einen einheitlichen Publikationstag für ihre amtlichen Mitteilungen vorgesehen. Diese Vorgabe hat der Regierungsrat nun aber fallengelassen, so dass die Gemeinden weiterhin den gewünschten Gestaltungsspielraum bezüglich des Erscheinungstags haben.»
Weshalb hat der Stadtrat im Januar 2014 den Amtsblattvertrag mit der Tagblatt der Stadt Zürich AG gekündigt?
Cuche-Curti: «Der Vertrag mit dem Tagblatt besteht seit 1985, und er hat sich alle 10 Jahre einfach automatisch verlängert. 2015 wäre die nächste automatische Erneuerung erfolgt. Eine genaue Analyse der Situation hat aber klar ergeben, dass der bisherige Vertrag aufgrund submissionsrechtlicher Überlegungen nicht mehr weitergeführt werden durfte. Öffentliche Aufträge in dieser Grössenordnung müssen von Zeit zu Zeit am Markt ausgeschrieben werden. Andere Gründe für die Kündigung gibt es nicht.»
Was sind die auffälligsten Veränderungen im Amtsblattvertrag, wie er auf Anfang 2018 frisch ausgeschrieben wird? Will der Stadtrat für sich günstigere Vertragsbedingungen aushandeln?
Cuche-Curti: «Die Ausschreibung umfasst die Publikation der amtlichen Mitteilungen, also einen Amtsblattvertrag. Dieser Vertrag wird per 1. Januar 2018 in Kraft treten, im kommenden Jahr werden die nötigen Vorbereitungen getroffen. Diese Zeit benötigen wir, da die amtlichen Mitteilungen neu gleichzeitig auch elektronisch veröffentlicht werden. Diese Abläufe müssen organisatorisch und technisch sauber aufgegleist werden. Der Vertrag wird wesentlich vom Offerenten, der den Zuschlag erhalten wird, bestimmt. Was unsererseits vorgegeben wird, lässt sich dann im Einzelnen den Ausschreibungsunterlagen entnehmen. Wir können aber jetzt schon sagen, dass wir weiterhin Wert darauf legen, dass die Leserinnen und Leser das Amtsblatt weiterhin kostenlos erhalten. Und selbstverständlich sind wir interessiert daran, dass uns interessante Vertragsbedingungen angeboten werden.»
Hat die Stadt einen «Plan B»? Sind neben der Tagblatt der Stadt Zürich AG ernstzunehmende Mitbewerber in Sicht?
Cuche-Curti: «Wir gehen davon aus, dass wir mehrere Angebote erhalten werden.»
Wäre es denkbar, dass die Stadt selbst in die Bresche springt und ein eigenes Tagblatt herausgibt?
Cuche-Curti: «Am 1. Januar 2018 wird auch die neue städtische Publikationsverordnung in Kraft treten. Diese sieht vor, dass die amtlichen Publikationen in erster Linie elektronisch erfolgen. Die gleichzeitige Veröffentlichung in einer Printpublikation ist weiterhin möglich, aber nicht zwingend notwendig. Der Stadtrat möchte aber den interessierten Leserinnen und Lesern weiterhin die Möglichkeit geben, die amtlichen Mitteilungen in gedruckter Form zu beziehen. Wie gesagt: wir gehen davon aus, dass genügend Angebote eingehen.»
Ist die Ausschreibung eine Pro-Forma-Sache?
Cuche-Curti: «Oh nein, ganz und gar nicht! Das Submissionsrecht ist sehr komplex, und die Erstellung der Ausschreibungsunterlagen unglaublich aufwändig - vor allem bei einem Einzelfall-Produkt wie dem Amtsblatt!»
Bei Tamedia, der Hauptaktionärin an der Tagblatt der Stadt Zürich AG, gab man sich am Mittwochnachmittag zurückhaltend. Nicole Bänninger, Medienverantwortliche, bestätigte auf Nachfrage des Klein Reports, dass sich das «Tagblatt» bei einer öffentlichen Ausschreibung wieder um eine Konzession bewerben werde, «auch angesichts der stets konstruktiven Zusammenarbeit mit der Stadt». «Näheres» könne man «zu diesem Zeitpunkt» nicht sagen.