Man sagt: «Wir sind wie die Prostituierten auf dem Strassenstrich - aber ohne Gummi!». Solche und ähnliche Sätze waren am Donnerstag am Swiss Native Advertising Day zu hören, wo sich Gäste aus der Werbe-, Agentur- und Verlagsbranche austauschten. Das «Geschäft mit dem Teufel», wie es ebenfalls genannt wurde, ist aber finanziell sehr lukrativ, wenn man den Aussagen von den Gastgebern LikeMag und Tamedia glaubt.
David Cappellini, Gründer von monami, sprach am Swiss Native Advertising Day von einer «Revolution» und Markus Bucheli, CEO & Co-Founder bei LikeMag, schwörte ebenfalls auf die neuen Werbemöglichkeiten und erwähnte dabei Social Media als besonderen Treiber.
Dabei herrscht nach wie vor Uneinigkeit darüber, was genau unter Native Advertising zu verstehen ist. Wikipedia definiert es als «getarnte Werbung im Internet», doch diese negative Färbung wollten Cappellini und Bucheli nicht gelten lassen.
Bucheli ist von Native Advertising überzeugt und will auch die potenziellen Werbekunden, die am Donnerstag in der Hiltl Academy erschienen sind, von den «neuen Möglichkeiten», vor allem im Mobile-Bereich, überzeugen. Für LikeMag scheint sich die neue Werbeform zumindest auszuzahlen: «Wir haben den Umsatz seit unserem Start vor vier Jahren jedes Jahr verdoppelt», sagte Bucheli, ohne genaue Zahlen zu nennen.
Später im Programm sollte Christian Lüscher, Leiter Commercial Publishing bei Tamedia, einen Überblick über die «ersten 356 Tage Native Advertising bei Tamedia» geben. Aber Lüscher tauchte gegen 11:00 Uhr gar nicht erst auf und so musste sein Stellvertreter, der ehemalige Tagi-Journalist Simon Eppenberger, die undankbare Aufgabe übernehmen.
Undankbar ist die Aufgabe deshalb, weil Native Advertising unter Journalisten und auch unter der Leserschaft keinen guten Ruf geniesst: Eppenberger selber sagte, dass das Geschäft «verteufelt» wird und zitierte eine anonyme Person, wonach Native Advertising die Prostitution des Journalismus ist - und zwar ohne Gummi.
Eppenberger liess ein Tamedia-Video laufen, wonach alles, was nur schon nach Werbung oder PR riecht, für Leser nicht interessant ist. Gleichzeitig garantierte er, dass bei «20 Minuten» und «Tages-Anzeiger» jede Native Ad klar gekennzeichnet ist. «Den Usern ist es eigentlich egal, was es ist, solange es gut gemacht ist», widersprach er zumindest der Aussage im Video, das vorher abgespielt wurde.
Die Anzahl Kritiker gegenüber Native Advertising habe abgenommen, konstatierte Eppenberger. Allerdings ist diese Feststellung mit Vorsicht zu geniessen, wenn man den Disput auf Twitter betrachtet, der sich zwischen Christian Lüscher und mehreren Personen entwickelte, nachdem die erste Native Ad im «Tages-Anzeiger» erschienen ist.
Zumindest für Tamedia scheint sich das «Geschäft mit dem Teufel» finanziell auszuzahlen: Das Unternehmen kann sich über einen «siebenstelligen Umsatz» aus Native Advertising freuen, sagt Eppenberger. Und um den Umsatz mit der versteckten Werbung weiter anzukurbeln, plane Tamedia zudem «Native Print» und «Native Radio», so der kurze Ausblick, den Eppenberger noch gab. Die Zitrone wird bis zum letzten Tropfen ausgepresst.