Mit der kritisierten Vermischung von redaktionellem Inhalt und Werbung gab Tamedia letztens viel zu reden. In seinem «Qualitätsreport 2019» sieht Res Strehle Verbesserungsbedarf bei der Deklaration von Native Ads, Medienpartnerschaften und Sonderbeilagen.
Insgesamt und «im Branchenvergleich» sei das Trennungsgebot zwischen redaktionellen Beiträgen und Werbung bei den Tamedia-Zeitschriften, Zeitungen und Newsportalen 2019 zwar gut eingehalten worden, schreibt Res Strehle in seinem Bericht über das Qualitäts-Monitoring, für das er unter anderem mit SRF-Ombudsmann Roger Blum, Medien-Professor Otfried Jarren, «NZZ am Sonntag»-Ex-Chefredaktor Felix Müller und MAZ-Direktor Diego Yanez zusammengearbeitet hat.
«Einzelne Beiträge» der neuen Werbeformate, in denen kommerzielle Inhalte mit journalistischen Mitteln aufgearbeitet worden sind, seien für die Leser allerdings «nicht eindeutig als nicht-redaktionell verantwortet erkennbar» gewesen, so Res Strehle weiter.
Vorbildlich sei, dass Tamedia-Journalisten nicht zugleich redaktionell und kommerziell tätig sein dürften. Als positiv wertete der Ex-Chefredaktor des «Tages-Anzeigers» auch, dass die Begriffe «Sponsored» (für «Native Advertising») und «Paid Post» (für Produktpromotionen) durch den Zusatz «Anzeige» respektive «Werbung» hervorgehoben würden und das Logo des Werbeauftraggebers gezeigt werde.
«Aus persönlicher Sicht des Qualitätsbeauftragten wäre ausserdem die klare grafische Unterscheidbarkeit von kommerziell und redaktionell verantworteten Beiträgen wünschbar, zum Bespiel durch unterlegte Farbraster oder eine andere Schrift», schreibt Res Strehle weiter und fügt an: «Diese Sicht wird aber von Verwaltungsrat und Geschäftsleitung nicht geteilt.»
Auch im Tamedia-internen Handbuch «Qualität in den Medien» sei eine grafische Unterscheidbarkeit nicht vorgeschrieben. «Es gilt die Regel, dass Werbemittel transparent als solche deklariert werden.»
Die ganze Branche kennt das Thema. Für Wirbel sorgte in den letzten Monaten aber vor allem Tamedia: In einem Protestbrief unter dem Titel «Nicht in unserem Namen» hatten im letzten September 128 Tamedia-Mitarbeitende ihrem Verleger Pietro Supino erklärt, dass sie die grassierenden neuen Werbeformen, verschleiert als Beiträge der Redaktion, nicht länger tolerieren. Die Verschleierung bedrohe die Glaubwürdigkeit des Journalismus.
Im Januar wendete sich die Tamedia-Personalkommission dann in einem offenen Brief an den Verlegerverband, von dem sie einen Richtungswechsel beim Native Advertising verlangte. Der Verband wies den Brief als «Überdramatisierung» zurück, die Briefschreiber täten ihrem Berufsstand damit «keinen Gefallen», die Verleger nähmen das Thema genügend ernst.
Doch damit nicht genug: Neben den viel diskutierten Native Ads gibt es auch noch eine weniger beachtete Stelle, wo sich die Trennung von Redaktionellem und Kommerziellem leicht verwischt: So haben gemäss «Qualitätsreport 2019» einzelne Medien von Tamedia ihre Medienpartnerschaften «nicht konsequent deklariert».
«Das erscheint uns deshalb wichtig, weil die Redaktionen bei Medienpartnerschaften ihrer Verlage in der Berichterstattung zwar frei bleiben, die Wahrscheinlichkeit einer wohlwollenden Berichterstattung aber erhöht wird», schreibt Res Strehle dazu.
«Wenig transparent deklariert blieben auch 2019 die Beilagen und Sonderhefte, die von den Verlagen in kommerzieller Partnerschaft mit Kunden entstanden.»