Dicke Post für den Verband Schweizer Medien (VSM): In einem offenen Brief hat die Tamedia-Personalkommission die Verleger zu einem sofortigen Richtungswechsel bei Native Advertising aufgefordert. Die Vermischung von Werbung und redaktionellen Inhalten müsse endlich gestoppt werden.
«Bis anhin haben wir bei den Verlegern keine Bereitschaft feststellen können, unsere Besorgnis ernst zu nehmen», heisst es im aufrüttelnden Schreiben, das am Montag an den Verlegerverband verschickt wurde.
Bereits im letzten September hatten 128 Redaktoren und Produktionsmitarbeitende von Tamedia ihrem Verleger Pietro Supino in einem deutlichen Protestbrief erklärt, dass sie die grassierenden Werbeformen, verschleiert als Beiträge der Redaktion, nicht länger tolerieren.
Doch trotz deutlichem Appell ist nicht genug passiert: Die von der Redaktion gewünschten Änderungen sind nicht eingetreten. Deshalb lassen die Journalisten von Tamedia nun erneut die Alarmglocken läuten - diesmal übergeordnet auf Verbandsebene.
Unterschrieben haben den neuerlichen Protestbrief die Präsidentinnen und Präsidenten der Personalkommission von Tamedia Deutschschweiz: Markus Dütschler für den «Bund» und die «Berner Zeitung», Andrea Fischer für die Zentralredaktion Tamedia, Thomas Hasler für den «Tages-Anzeiger» und Pascal Jäggi für die Zürcher Regionalzeitungen.
Sie alle sind überzeugt, dass sich die Zeitungen ihr eigenes Grab schaufeln, solange sie Werbung nicht klar von redaktionellen Inhalten trennen. «Wegen der verschärften Konkurrenzsituation befürchten wir, dass auf die Dauer noch raffiniertere Formen praktiziert werden, stets verbunden mit dem Hinweis, andere Verlagshäuser täten das ja auch, man müsse nachziehen.»
Die sprichwörtliche «Büchse der Pandora» sei geöffnet. Nun liege es an den Verlegern, aus der «unheilvollen Abwärtsspirale, an deren Ende der völlige Verlust der Glaubwürdigkeit der Medien und von uns Journalistinnen und Journalisten steht», auszubrechen.
Das Thema betreffe nicht nur den Tamedia-Konzern, sondern die ganze Branche. Als Beispiel wird im offenen Brief die «NZZ am Sonntag» genannt, die vom Presserat ebenfalls erst kürzlich getadelt wurde, weil die Zeitung ihre Werbung nicht deutlich genug kennzeichnete.
Die Verleger verstossen nicht nur gegen die Richtlinien des Presserats, sondern auch gegen ihren eigenen Code of Conduct, mahnen die Journalisten: Denn dort heisst es unmissverständlich, dass für Leserinnen und Leser immer klar erkennbar sein müsse, welche Inhalte redaktionell verantwortet und welche kommerziell beeinflusst sind.
«Werden die Formen in der Absicht vermischt, die Medienkonsumenten zu täuschen, leidet die Glaubwürdigkeit sowohl der Redaktion, der Verleger als auch der Anzeigekunden der Gattung Zeitungen und Zeitschriften», steht im von den Verlegern selber aufgesetzten Code of Conduct.