Zum Start der Herbstsession im Parlament sendet der Nationalrat drei politische Warnsignale in Richtung Zürich Leutschenbach. Wenige Tage vor der wegweisenden Entscheidung über die No-Billag-Initiative positionierte sich die grosse Kammer in drei Abstimmungen gegen die SRG.
Zunächst stärkte der Nationalrat am Montagnachmittag den privaten Anbietern den Rücken: Mit 106 zu 72 Stimmen votierte er dafür, die publizistischen Versorgungsgebiete konzessionierter Anbieter «ausserhalb der SRG» zu vergrössern sowie die «2-plus-2-Regel», wonach ein Veranstalter oder ein Unternehmen maximal zwei Fernseh- und zwei Radiokonzessionen erwerben kann, aufzuheben.
Durch die Vergrösserung der Versorgungsgebiete sollen insbesondere regionale Fernsehkanäle «eine höhere Wirtschaftlichkeit und Qualität erreichen», so die Argumentation der antragstellenden Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrats (KVF-N). Dies soll schliesslich zur Stärkung von elektronischen Service-public-Angeboten ausserhalb der SRG beitragen.
Mit der Annahme einer Motion für ein «Shared-Content-Modell» stimmte der Nationalrat später am Nachmittag zudem dafür, dass «private Schweizer Medienanbieter», so lautet der Text der Vorlage, ausgestrahlte Beiträge der SRG «niederschwellig», also ohne grossen Aufwand, weiterverwenden dürfen.
Im Vergleich zum ursprünglich vorgesehenen «Open-Content-Modell» handelt es sich bei «Shared-Content» um einen Kompromiss, wie Jürg Grossen, Nationalrat der Grünliberalen, im Nationalrat erklärte. Demnach soll die SRG ihre Inhalte nämlich nicht kostenlos, sondern lediglich gegen eine Gebühr für die Weiterverwendung freigeben - jedoch «ohne Bevorteilung einzelner Medien», so Grossen.
Bundespräsidentin Doris Leuthard zeigte sich ausdrücklich «erleichtert» über diese Abschwächung der Vorlage und erinnerte daran, dass die SRG «bereits heute ihre Inhalte auf freiwilliger Basis verkauft. Sie können die Motion annehmen», sagte sie ganz generös zum Nationalrat. Weil niemand dagegen votierte, wurde die Vorlage dann ohne Abstimmung durchgewunken.
Schliesslich stand noch das Postulat zur «Überprüfung der Anzahl SRG-Sender» auf dem Programm. Auch diesem hatten Leuthard und der Bundesrat nichts entgegenzusetzen. Denn auch hierbei handelt es sich um einen Kompromissvorschlag der Kommission: Den ursprünglichen Vorstoss, dass die SRG ihre Spartenradiosender ganz streichen muss, hatte die Kommission nämlich bereits zuvor wieder zurückgezogen.
Stattdessen soll der Bundesrat nun überprüfen, wie die SRG ihren Service-public-Auftrag «mit weniger Sendern erbringen» könnte. «Der Bundesrat ist bereit, das Postulat anzunehmen», so Leuthard auch hier scheinbar auf einer Linie mit der vorbereitenden Fernmeldekommission. Dabei war die Bundespräsidentin aber sichtlich darum bemüht, die Symbolkraft des Postulats zu relativieren, «das ist kein Politikum», sagte sie, denn der Bundesrat beabsichtige nicht, das Angebot der SRG zu reduzieren. Der Nationalrat stimmte dem Postulat schliesslich mit 101 zu 77 Stimmen zu.
Die beiden Motionen «Anpassung von Artikel 44 Absatz 3 und Artikel 39 Absatz 2 Buchstabe a RTVG zur Stärkung von elektronischen Service-public-Angeboten ausserhalb der SRG» und «Shared-Content-Modell» kommen als nächstes vor den Ständerat.