Der Verband Schweizer Medien (VSM) hat eine Stellungnahme zur Gründung der «IG kleine und mittlere Verlage» publiziert. Die grösseren Verlage betrachten die aktuelle Ausgestaltung der Onlineförderung als «massive Wettbewerbsverzerrung und Geringschätzung ihrer publizistischen Leistung».
Ist das nun dreist oder hat Verlegerpräsident Pietro Supino den Verband im Würgegriff? In einer Stellungnahme zur Gründung der «IG kleine und mittlere Verlage», die am 26. Januar von Gilbert Bühler von der Freiburger Nachrichten AG und Christof Nietlispach von der Freiämter Regionalzeitungen AG, öffentlich gemacht wurde, reagiert der Verband nicht wirklich, sondern fordert einfach ein Dringlichkeitsrecht für Staatsgelder.
Die sogenannte Holdingklausel spaltet den bereits heute nicht mehr die ganze Branche umfassenden Verband. Diese Klausel sorgt zusammen mit einem degressivem Zahlmodell dafür, dass die rund 100 kleinen und mittleren Verlage 46 Prozent der Fördergelder erhalten würden – obwohl sie «nur» einen Auflagenanteil von 23 Prozent ausmachen.
Die restlichen 54 Prozent der Staatsfranken würden gemäss den Plänen des Parlaments an die acht grossen Verlage gehen, darunter Tamedia, Ringier, NZZ, CH-Media oder an das noch junge Onlinemagazin «Republik».
Die Unterzeichner des am Freitag veröffentlichten Papiers sind neben Verlegerpräsident Pietro Supino auch VSM-Vizepräsident Peter Wanner, Hanspeter Kellermüller, Generalsekretär NZZ-Mediengruppe, Beat Lauber (64), Verwaltungsrat Meier + Cie., und der Journalist Andrea Masüger, der die Somedia vertritt.
Wie dem Klein Report aufgefallen ist, haben Gilbert Bühler und Christof Nietlispach, die auch im Präsidium sind, diese Stellungnahme nicht unterzeichnet.
Im Papier schreiben die fünf Männer des Präsidiums, dass der Schwerpunkt des Medienpakets, also der Ausbau der indirekten Presseförderung, «vollkommen unbestritten und nach wie vor das Hauptanliegen des VSM» ist.
Der Ausbau umfasse die Aufstockung der Finanzhilfe für die Postzustellung der Zeitungen und die Ausdehnung auf die Frühzustellung. «Für dieses Anliegen hat sich unser Verband seit Jahren eingesetzt. Um den Interessen aller Mitglieder gerecht zu werden, wurde ein verbandsinterner Kompromiss über die Verwendung der zusätzlichen Mittel erarbeitet», heisst es weiter.
Konkret bedeutet dieser Kompromiss, dass Titel mit Auflagen unter 40’000 Exemplaren in der Tageszustellung 60 Prozent höhere Förderbeiträge erhalten sollen.
Dass diese indirekte Presseförderung unumstritten sei, bestätigten bereits Gilbert Bühler und Christof Nietlispach, als die beiden Verleger die «IG kleine und mittlere Verlage» ins Leben gerufen haben. Von den zusätzlichen 60 Millionen Franken würden gemäss Gesetzesentwurf die grössten Verlage mit rund 80 Prozent profitieren. 20 Prozent gingen an die kleinen und mittleren Verlage.
Bis hierhin ist sich der Verlegerverband also einig. Doch im Bereich der Onlineförderung geraten die Seiten heftig aneinander.
Im Papier schreiben Supino und Co., dass der VSM die Onlineförderung zuerst abgelehnt hatte. In der politischen Diskussion hat sich der Verband dann unter gewissen Voraussetzungen dem Anliegen geöffnet: So sollen beispielsweise die redaktionelle Unabhängigkeit gewährleistet sein und Wettbewerbsverzerrungen vermieden werden.
Diesen Voraussetzungen, so die Gedanken der fünf, hatte der ursprüngliche Vorschlag des Bundesrates entsprochen. Im Sommer 2020 hatte das Präsidium dann die Verbandsposition definiert: Zum Vorteil der kleineren Verlage sollen auch Erträge aus Kombi-Abos (Print und Digital) für die Förderung berücksichtigt werden.
Aber um ihr abstraktes Gefährdungsdelikt zu untermauern, verschwurbelten die fünf VSM-Männer ihr Anliegen in einem praktisch unverständlichen Satz: «Die Holdingklausel soll zum Vorteil der dadurch benachteiligten grösseren Häuser gestrichen werden.»
Doch die später vom Bundesrat und vom Bundesamt für Kommunikation (Bakom) bekannt gegebenen Details zur geplanten Umsetzung der Onlineförderung hätten die Verleger «gespalten». Die vorgesehene Degression in Verbindung mit der Holdingklausel erachten die grösseren Verlage als «massive Wettbewerbsverzerrung und Geringschätzung ihrer publizistischen Leistung».
«Die kleineren und mittleren Medienunternehmen dagegen begrüssen die Onlineförderung in der vom Bakom vorgesehenen Ausgestaltung, weil sie diese als für die Sicherung ihrer Existenz notwendig erachten», heisst es. «Sie würden über die Onlineförderung mehr Mittel erhalten als über die indirekte Presseförderung, zumal die Frühzustellung für sie weniger wichtig ist. Sie betrachten diese Förderung zudem als Beitrag zur Erhaltung einer vielfältigen Medienlandschaft», so das Papier.
Damit stelle sich auch eine ordnungspolitische Grundsatzfrage, wie es weiter heisst. Doch sie ändere nichts am «Konsens im VSM-Präsidium über die Dringlichkeit des Massnahmenpakets». Dieses sollte nun «schnell verabschiedet» und nicht durch die zur Diskussion stehende Onlineförderung «verzögert» werden.
«Angesichts der dargelegten Differenz zur Ausgestaltung der Onlineförderung enthält der Verband sich einer Stellungnahme dazu», heisst es paradoxerweise weiter.
Ausserdem müsse ebenfalls geprüft werden, ob das Förderpaket oder Teile davon «auf dem Weg des Dringlichkeitsrechts verabschiedet werden» könne, so die fünf VSM-Männer.
Dieser Vorschlag wurde bereits in einem Schreiben an die Deutschschweizer Mitglieder der beiden parlamentarischen Kommissionen für Verkehr und Fernmeldewesen (KVF) vom Dezember 2020 ausgeführt.