Die Ankündigung des Bundesrates, eine Medienkommission zu schaffen, kam überraschend. Opposition gegen die Kommission, die Mitte Jahr operativ tätig werden soll, ist in der Medienbranche bisher nicht auszumachen. Vielleicht auch deshalb, weil noch niemand so genau weiss, über was das 15-köpfige Gremium dereinst beraten wird. Darüber hingegen gibt es nämlich schon jetzt Diskussionsbedarf.
«Nach den Erfahrungen, die ich gemacht habe, bezeichne ich es als Glücksfall, dass Bundesrätin Doris Leuthard eine Medienkommission gebildet hat», sagte Hanspeter Lebrument, Präsident des Verbands Schweizer Medien, gegenüber dem Klein Report. Da ist er noch mit Jürg Bachmann, dem Präsidenten der Schweizer Privatradios, einig. «Dass der Bundesrat eine Kommission einsetzt, die sich frei von Abhängigkeiten des medienpolitischen Alltags Gedanken macht über den Medienplatz Schweiz, halte ich für eine gute Idee», so Bachmann.
Nicht einig sind sich Bachmann und Lebrument allerdings in Bezug auf die Themen, die in der Kommission behandelt werden sollten. «Ich hoffe, die Kommission wird sich zu Beginn ihrer Tätigkeit nicht allzu mit Detailfragen befassen», sagte Bachmann gegenüber dem Klein Report. «Für die Medienpolitik ist in der Schweiz derzeit kaum eine Gesamtstrategie erkennbar. Es wäre wünschenswert, einen Leitfaden zu haben und insbesondere Kriterien, nach welchen künftig Entscheide getroffen werden.»
Daniel Steiner, stellvertretender Leiter der SRG-Unternehmenskommunikation, sieht ebenfalls in den grossen Zusammenhängen Diskussionsbedarf. «Die gesamte Medienbranche ist in einem drastischen Wandel begriffen; es ist der Umbruch ins digitale Zeitalter», sagte er dem Klein Report. «Die SRG würde es deshalb begrüssen, wenn die ausserparlamentarische, vom Bundesrat eingesetzte Medienkommission einen konstruktiven und visionären Austausch über den Medienplatz Schweiz und seine Zukunftsstrategien führt.»
«Südostschweiz»-Verleger Lebrument sieht das hingegen anders, visionäre und umfassende Diskussionen hält er nicht für zielführend. «Solange eine solche Kommission nicht ein Gesamtkonzept für alle Medien machen will, sondern einzelne Baustellen zusammen mit den europäischen Partnern behandelt, sehe ich Vorteile.» Zu diesen Baustellen zählt er unter anderem das Leistungsschutzrecht, das Urheberrecht und das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb im Bereich der schützenswerten Inhalte der Medien, den Rahmen für die Online-Inhalte im öffentlich-rechtlichen Bereich, die Verbesserung der Aus- und Weiterbildung und die indirekte Presseförderung.
«Viele wichtige Fragen beispielsweise im RTVG können durch den Bundesrat entschieden werden», so Lebrument. «Bis jetzt geschah dies, indem interessierte Kreise versuchten, im Geheimen eine Bundesratsmehrheit für ihr Anliegen zu gewinnen.» So habe der Verband Schweizer Medien in den letzten fünf Jahren zwei Mal wenige Tage vor einem Entscheid und über Umwege erfahren, dass die SRG bei einzelnen Bundesräten für die Einführung der Online-Werbung lobbyiert habe. «Dieser Stil hat zum schlechten Verhältnis zwischen SRG und privaten Medien geführt, und ist meiner Meinung nach ein Hauptgrund, dass eine Medienkommission geschaffen wurde.»
Dass die Medienkommission ein Auge auf die SRG haben soll, darin sind sich Bachmann und Lebrument wieder einig. Bachmann, der vor allem die Rahmenbedingungen für öffentlich-rechtliche Medien und private Anbieter geklärt haben möchte, wirft der Politik vor, dass sie sich bisher um eine Definition des Service public gedrückt habe.
«Welche Leistungen muss das öffentlich-rechtliche Medienunternehmen leisten, wo sind die Felder der privaten Veranstalter? Wie viel gebührenfinanzierte, öffentlich-rechtliche Marktpräsenz ist sinnvoll, damit auch privaten Medien eine wirtschaftliche Basis bleibt? Solche Fragen werden seit Jahren auf ein Plebiszit pro und contra SRG reduziert», so Bachmann. «Kaum jemand stellt die Existenzberechtigung der SRG grundsätzlich in Frage. Nach welchen Kriterien sie aber welche Felder bearbeitet - im Radio, Fernsehen und Online -, diese politische Diskussion findet nicht statt. Da erwarte ich von der Medienkommission Aussagen.»
Zuversicht versprüht er allerdings nicht. «Ob diese Kommission sinnvoll ist, wird man sagen können, wenn sie erste Ergebnisse vorlegt», so Bachmann. Die Aufgaben der Medienkommission seien noch sehr offen formuliert. Mit Erwartungen hält er sich noch zurück, bis die Zusammensetzung bekannt ist und erste Hinweise auf die Agenda vorliegen. Das wird noch etwas dauern. «Es ist uns auch nicht möglich, Aussagen zu Themen zu machen, welche die Kommission behandeln könnte. Das ist viel zu früh», sagte Bakom-Sprecher Alfons Birrer gegenüber dem Klein Report.
Lebrument hält die Schaffung der Kommission dagegen schon jetzt für zweckmässig. «In der heutigen Zeit, wo die Medien einen hohen Stellenwert einnehmen, und sich eine Regierung mit Medienfragen befassen muss, ist eine Medienkommission ein angemessenes Beratungs- und Unterstützungsorgan für die Regierung», sagte er.