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Montag
22.05.2017

Medien / Publizistik

weiss-auf-schwarz

Der Medienclub auf SRF vom 16.5.2017 beschäftigte sich mit dem Medienhype rund um «Projekt R – David gegen Goliath». Geladen waren der Co-Gründer der «Republik» Christof Moser, der Verleger und Chefredaktor der «Basler Zeitung» Markus Somm, der Satiriker Viktor Giacobbo und der Chefredaktor der Blick-Gruppe Christian Dorer.

Die Medienexpertin und Kolumnistin Regula Stämpfli kommentiert für den Klein Report die Fehlkonzeption der Sendung.

Die Runde lässt sich – mit Ausnahme von Viktor Giacobbo – aufgrund der Funktionen, die die Männer innehalten, durchaus legitimieren. Dass indessen SRF nicht begriffen hat, um was es eigentlich geht, wenn Experten-Runden weder dem Stand der Wissenschaft noch der Expertinnen-Vielfalt entsprechen, belegt Moderator Franz Fischlins Interview mit persönlich.com vom 17. Mai 2017.

Die Verlagsrunde für den Medienclub, die Chefredaktoren und Verleger zusammenbrachte, hätte sehr leicht mit der Chefredaktorin von «Blick am Abend», Katia Murmann, und mit der Chefin von Swissinfo, Larissa Bieler, die erst kürzlich zur Präsidentin des «Vereins Qualität im Journalismus» gewählt wurde, ergänzt werden können. So wäre der Medienclub auch wirklich relevant geworden. Zudem wären den wortreichen Bekundungen aus dem Hause SRF, Frauen auch als Expertinnen zu Wort kommen zu lassen, entsprechende Taten gefolgt.

Dass Frauen in den Schweizer Medien aber vor allem auf ihre Moderatorinnen-Funktion («Frau fragt, Mann antwortet») und auf ihren Körper (siehe Präsenz bei sogenannt «weichen» Themen) reduziert werden, hat bei SRF jahrzehntelange Tradition. Das Argument «Wir finden keine Frauen» kann nie überprüft werden. Wie ich aber aus eigener Erfahrung weiss, wird die Lust, sich öffentlich zu exponieren, mit dem Hinweis «Wir brauchen noch eine Frau» nachhaltig gedämpft.

Zudem ist bekannt, dass sich auch sogenannt fortschrittliche Männer an Männern und nie an Frauen als Expertinnen orientieren. Sachbücher beispielsweise werden im deutschsprachigen Raum nur dann rezensiert, wenn sie von männlichen Autoren oder Ausländerinnen, vorzugsweise aus den USA und Grossbritannien, stammen. Sachbücher von weiblichen Autorinnen im deutschsprachigen Raum haben kaum eine Chance – es sei denn, es handle sich um ausgesprochene Frauenthemen – Alter, Körper, Biographien berühmter Frauen, Gesundheit und so weiter.

Die deutschsprachige Öffentlichkeit zeichnet sich durch zusätzliche, skurrile Ungleichheiten aus: Wagt es eine Expertin aufgrund grosser Studien, strukturelle Diskriminierung beispielsweise in Medien und Wissenschaft nachzuweisen, wird sie sofort mit Ausgrenzung bestraft. Männlichen Kritikern geht es besser: Sie werden sofort in die nächste Talkrunde eingeladen und im Wissenschaftsbetrieb befördert. Dass die Männerrunde im Medienclub beispielsweise überhaupt Medien-Thema wurde, war nur einem Mann zu verdanken, dem Politberater Mark Balsiger, der salopp tweetete: «Braucht es eigentlich Eier, um Frauen einzuladen?»

Der Medienclub-Moderator Franz Fischlin entschuldigte sich für die Fehlkonzeption der Sendung nicht, aber immerhin nimmt er die Kritik durchaus «ernst». Beschwichtigend fügte er hinzu, dass er in Zukunft eine Sendung zum Thema «Sichtbarkeit von Frauen in den Medien» plane. Dies selbstverständlich als reine Frauenrunde konzipiert, was wiederum zeigt, dass Frauen gerne zu sogenannten Frauenthemen reden dürfen (und nur zu diesen), während Männer über alles talken.

Im Herbst 2011 haben die Schweizer Frauendachverbände eine Studie zu den Schweizer Frauen in Politik und Medien in Auftrag gegeben. Diese Studie hielt fest, dass sowohl Wissenschaft als auch Medien von einer Klischeeberichterstattung geprägt sind.

Diese würde die Wahrnehmung von Frauen als Expertinnen und politische Gestalterinnen wesentlich beeinträchtigen. Zudem reiche es nicht, in einer Männerrunde eine Frau zu platzieren und zu meinen, damit hätte man die strukturellen Probleme rund um Geschlechterrollen verstanden. Die Studie ist nach wie vor aktuell. Dies gesagt, muss ich selbstverständlich hinzufügen, dass ich die Autorin der Studie bin und mich freue, wenn andere Autorinnen und Autoren die Ergebnisse aufdatieren.