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Sonntag
14.11.2021

TV / Radio

«Die Analyse der Messdaten des Bakom durch uns hat ergeben, dass diverse regionale TeleBärn-Inhalte gar nicht erfasst wurden», heisst es bei CH Media. (Bild Screenshot Telebärn)

«Die Analyse der Messdaten des Bakom durch uns hat ergeben, dass diverse regionale TeleBärn-Inhalte gar nicht erfasst wurden», heisst es bei CH Media. (Bild Screenshot Telebärn)

TeleBärn hat im Jahr 2020 lediglich 73 Minuten Regionalinformation pro Woche ausgestrahlt. Laut Konzession hätten es mindestens 150 Minuten sein sollen. CH Media und Telesuisse-Verbandspräsident André Moesch kritisieren die Messmethode des Bundesamts für Kommunikation (Bakom) scharf.

Auf Januar 2020 verlängerte das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) die Konzessionen der privaten Lokalradios und Regionalfernsehen bis Ende 2024. Dabei nahm das UVEK eine «quantitative Mindestvorgabe für Regionalinformation» neu in die Konzession auf. 

Seither müssen TV-Sender, die Gebührengelder bekommen wollen, ihr Programm mit der Stoppuhr planen: In der abendlichen Prime Time müssen sie pro Woche mindestens 150 Minuten regionale Informationsangebote senden. Davon müssen an jedem Werktag mindestens 10 Minuten in der eigenproduzierten Hauptnachrichtensendung platziert werden. Die übrigen Minuten können die Sender auch in Magazinen oder Talks abrechnen.

Ob die Sender die Vorgaben erfüllen, wird mit der «Programmanalyse» erhoben, die das Bakom bei der Publicom AG in Auftrag gibt. Gemäss der neusten Analyse sendete Telebärn 2020 lediglich 73 Minuten Regionalinformation pro Woche. Nicht einmal die Hälfte des Bakom-Solls.

Die Kritik hat es in sich: «Die Analyse der Messdaten des Bakoms durch uns hat ergeben, dass diverse regionale TeleBärn-Inhalte gar nicht erfasst wurden», sagte Joël Steiger, Leiter PR Entertainment bei CH Media, auf Nachfrage des Klein Reports.

Zum Beispiel seien Staffelproduktionen nicht erfasst worden, die auf keinen der 14 in der Stichprobe enthaltenen Messtage fielen. «Ausserdem wurden aus unserer Sicht Codierfehler begangen bei der Bewertung, ob ein Inhalt als regionaler Inhalt zählt oder nicht.»

Schwächen zeigt die Methode der Service-public-Messung aus Sicht von CH Media auch beim Sport. Bei der Berichterstattung über die lokale Fussball-Mannschaft unterscheidet das Bakom zwischen Heim- und Auswärtsspielen. Bei einem Heimspiel werden 100 Prozent eines Berichts als regionale Information taxiert. Bei einem Auswärtsspiel der heimischen Mannschaft nur zehn Prozent.

«Wir haben erhebliche Fragezeichen bezüglich der Validität der angewandten Messmethode», verallgemeinert Steiger seine Kritik. «Mitunter, weil diese nicht ausschliesslich quantitative Messresultate hervorbringt, sondern faktisch auch qualitative Aussagen macht bezüglich der Erbringung von regionalem Service public.»

Ganz ähnlich lautet die Kritik, die André Moesch, Telebasel-Geschäftsführer und Verbandspräsident von Telesuisse, kürzlich in der «Basler Zeitung» unterbringen konnte. Auch Telebasel hatte jüngst einen Rüffel vom Bakom kassiert, weil der Sender im Jahr 2020 gemäss «Programmanalyse» die 10-Minuten-Vorgabe nicht erfüllt hatte.

Unter anderem kritisierte Moesch, das nur das als «wirklich regional» gelte, «was im Konzessionsgebiet stattfindet». Und dass ein Beitrag von den Programm-Analysten nur dann als regional eingestuft werde, «wenn der Ortsname explizit genannt wird». Berichte Telebasel über eine Demonstration «auf der Mittleren Rheinbrücke», dann zähle das nicht – und die Sendeminuten seien verloren.

Konfrontiert mit diesen Kritikpunkten, sagt Bakom-Sprecher Francis Meier gegenüber dem Klein Report: «Dies ist nur zum Teil richtig. Die Definition von Regionalinformation ist breiter als hier behauptet.»

Meier verweist auf ein Informationsblatt des Bakoms vom 26. Februar 2020. Wer sich darin vertieft, bekommt ausbuchstabiert, was als «regional» gilt und was nicht. «Regional» kann demnach auch ein Beitrag über die Zweitwohnungsinitiative sein – also eigentlich ein nationales Thema –, wenn dabei beispielsweise die Folgen dieser Initiative für die Bündner Tourismusindustrie behandelt werden. Es genügt, wenn der «Auswirkungsort» im Konzessionsgebiet des TV-Senders liegt.

Auch dass die Telebasel-Redaktion die in Basel allseits bekannte Mittlere Rheinbrücke mit dem Schild «Basel» versehen müsse, ist laut dem Bakom-Sprecher Francis Meier falsch: «Der Ereignisort muss explizit erwähnt werden oder sich implizit aus dem Bericht erschliessen. Letzteres ist der Fall, wenn der durchschnittliche Hörer oder die Zuschauerin des Programms aufgrund seines respektive ihres Wohnsitzes oder aufgrund des Allgemeinwissens den Ereignisort ohne Weiteres bestimmen kann.» Dies gelte für die mittlere Rheinbrücke.

Auf die Kritik, dass die Auswärtsspiele der Fussballmannschaft nicht als «regional» durchgehen, geht Francis Meier gegenüber dem Klein Report nicht ein.

Nicht nur die Zuordnung des Wörtchens «regional» sorgt für Unmut. Auch bei der Auswahl der Stichproben stellen sich Fragen. Publicom hat in ihrer «Programmanalyse» zwei künstliche Wochen mit 14 zufällig ausgewählten Stichtagen zwischen Januar und Dezember 2020 untersucht. Das TV-Programm wurde also tageweise zerpflückt. 

Aus Sicht der Programmverantwortlichen kann man argumentieren, dass ein Wochenprogramm integral analysiert werden sollte. Denn die Redaktion kompensiert in ihrer Programmplanung ja womöglich einen ereignisarmen Montag mit einem informationsreichen Dienstag, um das wöchentliche Soll von 150 Minuten zu erreichen.

«Jede Art der Stichprobenziehung hat ihre Vor- und Nachteile», sagte der Bakom-Sprecher dazu gegenüber dem Klein Report. «Sowohl im Fall einer künstlichen Woche als auch im Fall einer natürlichen Woche können Zufälligkeiten das Resultat beeinflussen. Nach Ansicht des Bakoms ist die künstliche Woche besser geeignet, saisonale Nachrichtenlagen auszugleichen, also zum Beispiel die Fussball-WM oder die Zeit unmittelbar vor Abstimmungen. Ausserdem hat das Bakom zwei Gutachten in Auftrag gegeben, die genau die Bandbreite dieser Zufälligkeiten berechnen.»

Ob Telebärn und Telebasel die Konzession tatsächlich verletzt haben oder nicht, ist noch nicht entschieden. Das Aufsichtsverfahren, das beim Bakom derzeit läuft, soll diese Frage entscheiden. Gegen diesen Entscheid könnten die TV-Sender dann vor Gericht ziehen. 

Finanziell bluten werden die beiden TV-Sender für dieses Mal aber nicht, wie der Bakom-Sprecher schliesslich sagte. «In diesen ersten Verfahren werden die mildest möglichen geeigneten Massnahmen ergriffen. Ziel der Aufsichtsverfahren ist, dass die verlangten programmlichen Leistungen in Zukunft erbracht werden.»