Nach einem intensiven Jahr mit einer prägenden Umstrukturierung will der Plakatkonzern APG|SGA im neuen Geschäftsjahr im digitalen Markt voll angreifen: CEO Markus Ehrle hat sich zum Ziel gesetzt, den Media-Gattungen TV und Online Werbegelder abzuluchsen.
Im Interview mit dem Klein Report sagt Ehrle, wo er für seinen Konzern derzeit das grösste Wachstumspotenzial sieht und erklärt, weshalb er die Vermarktungs-Ausschreibungen der öffentlichen Hand äusserst kritisch beobachtet.
Hinter dem Konzern APG|SGA und der Allgemeinen Plakatgesellschaft liegt ein bewegtes Jahr 2019, während dem das Unternehmen einen digitalen Transformationsprozess durchgemacht hat. Wie haben Sie das letzte Jahr erlebt?
Markus Ehrle: «Es war ein unglaublich intensives Jahr für die APG|SGA. Auf der einen Seite wurde im Juni eine grosse Reorganisation durchgeführt. Wir sind weggekommen von unseren Segmentmarken hin zu einer 'One Brand'-Strategie, was organisatorisch eine grosse Aufgabe war. Andererseits verlief das Jahr im Werbemarkt alles in allem recht erfreulich, wie man an den indikativen Zahlen von Mediafocus sieht. Für den Gesamtmedienmarkt resultierte ein Brutto-Wachstum von 2,4 Prozent. Gleichzeitig ist Out of Home-Media brutto um 5,6 Prozent gestiegen. Davon sollte eigentlich auch die APG|SGA als Leaderin im OoH-Bereich profitieren können.»
Wie spüren Sie den zunehmenden Wettbewerb mit Anbietern wie Neo Advertising, Livesystems oder in der Westschweiz FrappeCom (Horizon), die vom Aufschwung des Aussenwerbemarkts profitieren wollen?
Ehrle: «Der Wettbewerb hat sich tatsächlich unglaublich intensiviert. Ein Grund dafür ist, dass immer mehr Ausschreibungen durchgeführt werden. Ich beobachte die Tendenz, dass vor allem die öffentliche Hand bei ihren Ausschreibungen immer mehr rein quantitative Kriterien berücksichtigt und teils nur noch Mindestgarantien verlangt. Diese Entwicklung ist für die ganze Industrie relativ kritisch.»
Wie hat sich diese Tendenz auf die Gewinnmargen der APG|SGA ausgewirkt?
Ehrle: «Wie wir beim letzten Halbjahresresultat gesehen haben, wird der Druck grösser, die Konzessionsabgaben werden höher. Umso mehr sind wir gefordert, unser ganzes Geschäft noch schlanker und effizienter aufzustellen, damit am Ende die Margen für uns auf einem akzeptablen Niveau bleiben.»
Sie setzen also auf eine schlanke Unternehmensstruktur. Gibt es umgekehrt auch Geschäftsbereiche, die bei der APG|SGA derzeit ausgebaut werden?
Ehrle: «Wir investieren aktuell sehr viel in digitales Material, unter anderem auch im Zusammenhang mit dem SBB-Vertrag, sowie in unsere Tools im Bereich Self-Service und in eine programmatische Verkaufsplattform. Neu haben wir mittlerweile auch ein Data Science Team mit drei Leuten, die uns helfen werden, unsere neuen Angebote noch besser zu gestalten und zu vermarkten.»
Wo sehen Sie im Digitalbereich ganz konkret das grösste Potenzial für Ihr Unternehmen?
Ehrle: «Wenn man den Gesamtwerbekuchen betrachtet, so sehen wir, dass das Medium Fernsehen zunehmend ein Reichweitenproblem hat, was mit der zeitversetzten Nutzung und dem Überspulen von TV-Werbung zusammenhängt. Mit unseren Angeboten im Bereich Public TV können wir in diese Lücke springen. Unser erklärtes Ziel ist es, ein Kuchenstück vom Fernsehmarkt abzuschneiden. Genauso wollen wir vermehrt Gelder aus dem Online-Markt erschliessen.»
Inwiefern hilft Ihnen bei diesem Vorhaben die von SPR+ lancierte neue Währung für digitale Aussenwerbung?
Ehrle: «Die Leistungsdaten für den Bereich Digital sind für uns natürlich sehr erfreulich. Bereits jetzt sehen wir, dass wir mit unserem APG|SGA-Portfolio bezüglich Reichweite und Gross Rating Points (GRP) sozusagen der 'reichweitenstärkste Sender' mit dem günstigsten TKP der Schweiz sind. Diesen Markt werden wir dementsprechend in der nächsten Zeit voll angreifen.»
Was bedeuten diese Bemühungen im Digital-Segment für das klassische, analoge Plakat?
Ehrle: «Die Idee ist es, dass wir den analogen Bereich nicht kannibalisieren, sondern dass wir neue Werbegelder für Out of Home erschliessen. Das funktioniert zumindest in der Schweiz wie auch im Ausland bislang sehr gut. Der Trend geht in Richtung Out of Home als letztes Massenmedium.»
Das neue Geschäftsjahr ist bereits wieder angelaufen. Welche Projekte sind bei Ihnen in der Pipeline?
Ehrle: «Mit den Leuten, die wir im Bereich Data Science, Programmatic und E-Commerce angestellt haben, wollen wir einen weiteren Schritt vorankommen. Wir werden in diesem Jahr sicher programmatische Lösungen in den Markt bringen und ich meine richtig programmatisch. Vieles, was im Moment als 'programmatic' beworben wird, hält dieses Versprechen ja nicht wirklich ein. Ganz generell arbeiten wir an Produkten mit dem Ziel, dass Out of Home so einfach wie möglich buchbar bleibt.»
Das wäre schon fast ein schönes Schlusswort. Erlauben Sie aber zum Ende noch eine etwas ketzerische Frage: Wie lange bleiben Sie noch CEO der Allgemeinen Plakatgesellschaft?
Markus Ehrle: «Das ist tatsächlich sehr ketzerisch (lacht). Alle Verwaltungsratsmandate in der TX Group sind ja jetzt besetzt, dort kann ich also nicht hin. Aber ganz im Ernst: Mir macht diese Aufgabe bei der APG|SGA immer noch grossen Spass, wir haben ein tolles Management-Team sowie Mitarbeitende und nach wie vor sehr viele Pläne. Ich sehe im Moment also keinen Grund, irgendetwas anderes zu machen.»