Das «Jahrbuch Qualität der Medien» zeichnet ein düsteres Bild von der Schweizer Medienlandschaft. Neben der «besorgniserregenden Medienkonzentration» hätten Sparmassnahmen der Medienhäuser wie die Einführung redaktioneller Mantelsysteme zu einem weiteren Vielfaltsverlust geführt.
Erschwerend kommt hinzu, dass Investitionen in den Journalismus aus Sicht der Medienkonzerne womöglich so unsexy sind wie noch nie: Online-Werbeerträge fliessen zunehmend an ausländische Tech-Intermediäre wie Google und Facebook ab. Gleichzeitig sind offenbar immer weniger Nutzerinnen und Nutzer dazu bereit, für Schweizer Informationspublizistik zu bezahlen.
So erreicht die Zahl der «News-Deprivierten», die wenig Informationsmedien konsumieren und sich nur unterdurchschnittlich für Themen wie Politik und Wirtschaft interessieren, mit 36 Prozent einen neuen Höchststand. Das hat einen negativen Einfluss auf die Zahlungsbereitschaft für Online-News, schreiben die herausgebenden Autoren vom Forschungsinstitut Öffentlichkeit und Gesellschaft (fög) der Universität Zürich.
Auch die Nutzergruppe der «Global Surfer» hat gemäss Studie in den letzten Jahren stark zugenommen und ist mit einem Anteil von 23 Prozent aktuell die zweitbedeutendste Nutzergruppe in der Schweiz. Diese Personen orientieren sich vornehmlich an internationalen Medienmarken und sind deshalb ebenfalls nur selten bereit, für Schweizer Informationsinhalte zu bezahlen.
Parallel zum abnehmenden Interesse an kostenpflichtigen Informationsangeboten wird in der Studie von einer «rasanten Zunahme von publizistischen Verbundsystemen, Mantel- und Zentralredaktionen» berichtet. Dazu werden die Zentralredaktionen von Tamedia, der jüngste Kauf der «Basler Zeitung», das Joint Venture von NZZ-Regionalmedien und AZ Medien sowie die Zentralredaktion bei «Südostschweiz» und «Bündner Tagblatt» von Somedia gezählt.
Deshalb sind in der Untersuchungsperiode gemäss Studie 40 Prozent aller Beiträge in mindestens zwei verschiedenen Medien erschienen, die analysiert wurden. Die Zahl der mehrfach publizierten Beiträge ist in der nationalen und der internationalen Politikberichterstattung mit 54 Prozent beziehungsweise 48 Prozent besonders hoch. Berichte über lokale und regionale Politik erscheinen deutlich seltener in mehreren Titeln - nämlich in 8 Prozent der untersuchten Fälle.
Im Verbund von «Tages-Anzeiger», «Der Bund» und «Berner Zeitung» hat die Zahl der geteilten Beiträge seit der Einführung der Mantelredaktionen Anfang Jahr messbar zugenommen: Vor der Einführung teilten die drei Zeitungen 51 Prozent aller Beiträge, danach waren es 62 Prozent. Bei der redaktionellen Berichterstattung stieg die Zahl von 38 auf 55 Prozent.
Die stärkste Veränderung wurde bei meinungsbetonten Beitragsformaten beobachtet, also bei Leitartikeln, Kommentaren und Rezensionen. Seit der Einführung der Tamedia-Zentralredaktion ist die Quote der geteilten Beiträge in diesem Bereich von 40 auf 68 Prozent gestiegen.