Irgendwie war es passend, dass das Champions-League-Finale zwischen Real Madrid und Atletico Madrid erst im Elfmeterschiessen entschieden wurde. So hatten die Sky-Zuschauer noch etwas mehr Zeit, den Kultreporter Marcel Reif zu geniessen.
Und es war wieder ein Abend, der in die Annalen eingehen wird. Für Bewunderer von Reifs Wortakrobatik und natürlich auch für die, die ihn weniger mögen. Die besten Beaumots des Abends hat der Klein Report herausgepickt: «Gianni Infantino, der Mann mit ohne Haare. Na, heute mal nix. Sagen wir heute einfach mal nichts zur Uefa. Denn heute gibt es was zu geniessen.» Oder: «Sie spielen sich in Stimmung und die anderen lassen sie.»
«Zidane. Der grosse Schweiger. Musste lernen, mit Spielern zu sprechen. Als Trainer musst du mit deinen Spielern reden.» Und weiter Reif im O-Ton: «Ist ja Wochenende, es gucken auch Kinder zu. Also, liebe Kinderchen, liebe Jungs: Man kann Bälle auch ganz normal und ganz einfach mit dem Innenrist spielen. Es muss nicht immer mit dem Absatz sein.» Anfegügt: «Vamos! Vamos! Jedenfalls: Gemma! Gemma!»
«Wenn Ronaldo was aus dem Hut zaubert, dann kein Kaninchen, sondern einen ausgewachsenen 16-Ender-Hirsch.» Marcel Reif: «Und jetzt müssen sie aufräumen. Wer hat denn da seinen Krempel liegen lassen? Freunde der Sonne? Seht ihr, Jungs: So wird das gemacht. Schön Ordnung halten im Zimmer.» Und über das Laufvolumen der Kicker: «14,5 Kilometer. Das strengt ja schon mit dem Auto an!» oder «Einer wird weinen.»
Ohne Tränen vergingen hingegen die letzten Momente des Sportreporters Reif, der sich dezent und leise von seinen Zuschauern verabschiedete. Als das Spiel vorbei und die Trophäe überreicht war, zeigte die Kamera den Grimme-Preisträger in der Nahaufnahme, sitzend auf seinem Kommentatorenplatz. Er fasste das Spiel kurz und bündig zusammen und moderierte die Übergabe ins Studio.
So wie er es in 17 Jahren als Chefkommentator beim Pay-TV-Sender Sky, in fünf Jahren bei RTL und zuvor 22 Jahren beim ZDF immer gemacht hatte. Fast schien es, als würde er sich ohne besondere Geste von den Zuschauern verabschieden. Ehe er sich doch noch einen kurzen Moment für seine persönlichen Schlussworte nahm.
«Und, achja, tschüss», sagte Reif dem TV-Publikum, dass ihn geliebt und gehasst hat, wie kaum einen Zweiten. «Es geht nicht um mich, sondern das Champions-League-Finale», hatte er vor dem Spiel in einem Interview gesagt: «Die 17 Jahre lange Reise mit Sky ist dann beendet, mehr nicht. Ich gehe ohne Groll und mit viel Dankbarkeit. Was danach wird, wird man sehen. Ich höre mir Dinge an und will nicht ausschliessen, dass ich weitermache.»
Seine Fans werden sich über diese News freuen und seine Feinde haben dann wieder einen Grund zu meckern. So ist das Leben.