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Montag
06.08.2018

Medien / Publizistik

Lukas Hässig: «Das hätte ich nicht tun sollen»

Lukas Hässig: «Das hätte ich nicht tun sollen»

Ein Artikel über die Todesumstände von Sergio Marchionne auf «Inside Paradeplatz» ist nach heftiger Kritik gelöscht worden. Der Besitzer des Finanzblogs, Lukas Hässig, streut Asche auf sein Haupt und will auf heikle Storys auch mal verzichten.

«Wer hat versagt bei Marchionnes Behandlung?»: Das war der Titel des Artikels von «Inside Paradeplatz»-Chef Lukas Hässig am 26. Juli 2018. Das Ableben des Fiat-Chefs rücke Zürichs Spitäler ins globale Rampenlicht, stand da auf dem bankenkritischen Portal zu lesen. Im Artikel wurde vor allem das Schweigen des Universitätsspitals Zürich und der Privatklinik Hirslanden thematisiert: «Man weiss nicht einmal, welches Privatspital in Zürich Marchionne Ende Juni operiert hatte. Eine telefonische Anfrage bei der grossen Zürcher Privatklinik Hirslanden ergab nichts», hiess es im Online-Artikel.

Dann muss ein regelrechter Shitstorm über «Inside Paradeplatz» aufgezogen sein. In vielen Kommentaren war oft das Wort «pietätlos» zu lesen. «Viele fanden es unsäglich, mit solch einer Tragödie Klicks generieren zu wollen», erklärte Lukas Hässig die heftigen Reaktionen gegenüber dem Klein Report. 30 Stunden später wurde der Artikel dann gelöscht.

Es habe sich gezeigt, dass die medizinische Behandlung des Ex-Fiat-Chefs in Zürich korrekt verlaufen sei, heisst es auf «Inside Paradeplatz» an der Stelle, wo vorher der viel kritisierte Artikel stand. Und weiter: «Daran zu zweifeln war falsch. Wir entschuldigen uns dafür.»

Hauptproblem des Beitrags sei die Frage im Titel gewesen, wer im Fall Marchionne versagt habe, erklärt Autor Hässig selbstkritisch. Sergio Marchionnes Ableben sei eine weltweit beachtete Tragödie. «Die Schuldzuweisung, auch wenn neutral und in Frageform formuliert, war aufgrund der Faktenlage und der Recherche ein Fehler. Das hätte ich nicht tun sollen.»

Nach den vielen Reaktionen seiner Leserschaft sei er zuerst hin- und hergerissen gewesen, so der Journalist bezüglich der Löschung des Artikels. «Schliesslich folgte ich dem Rat eines Vertrauten, der mich überzeugte, dass die Story nicht hätte erscheinen sollen.»

Wie Lukas Hässig versichert, gab es keine Androhung juristischer Massnahmen des Uni-Spitals Zürich beziehungsweise der Privatklinik Hirslanden. «Das Hirslanden reagierte souverän, ohne zu drohen», sagte Hässig gegenüber dem Klein Report.

Das Privatspital habe es auf sich genommen, zunächst nicht auf die Anfrage des Journalisten reagiert zu haben. Wie sich aber später herausgestellt habe, hätte das Hirslanden sowieso nicht in den Artikel hineingehört. «Das Unispital habe ich widergegeben. Es gab keinen Grund für die Klinik, auf den Artikel zu reagieren», wie der «Inside Paradeplatz»-Chefblogger gegenüber dem Klein Report ausführte. «Einige Leser forderten, den Text zu löschen. Die Kliniken taten das aber nicht», wiederholte Hässig.

Gewisse User waren auch entrüstet, weil der Verstorbene im Artikel offenbar schlecht weggekommen sei. Dieser Kritik widerspricht Hässig: «Marchionne habe ich früher ein paar Mal getroffen, er machte Eindruck auf mich. Der Artikel lobte Marchionne und dessen Arbeit.» Die Entschuldigung auf «Inside Paradeplatz» nach der Löschung des Artikels fanden ein paar Leserinnen und Leser billig, andere wiederum gut, wie Lukas Hässig abschliessend dem Klein Report sagte.

Und was hat er selber aus diesem Fehler gelernt? «Die Frage zu beherzigen, wann es angezeigt ist, auf eine Story zu verzichten.»