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Freitag
26.03.2021

Medien / Publizistik

Glück im Unglück: CH Media konnte 2020 seinen Gewinn um 4 Millionen auf 22,8 Millionen Franken steigern. Für Kurzarbeit kamen 8,5 Millionen vom Staat. (Bild zVg)

Glück im Unglück: CH Media konnte 2020 seinen Gewinn um 4 Millionen auf 22,8 Millionen Franken steigern. Für Kurzarbeit kamen 8,5 Millionen vom Staat. (Bild zVg)

Seit Ausbruch der Pandemie hat CH Media 8,5 Millionen Franken für Kurzarbeitsentschädigung aus der Staatskasse bezogen. Der Personalbestand sank 2020 um 185 Arbeitsplätze. Dies bei einem Gewinn von 22,8 Millionen, der im Corona-Jahr 2020 sogar um 4 Millionen Franken über dem Vorjahr lag.

Der Klein Report unterbreitete CEO Axel Wüstmann einen umfangreichen Fragenkatalog. Für den Konzern antwortete Kommunikationsleiter Stefan Heini. Die Fragen stellten Ursula Klein, Andreas Panzeri und Jonathan Progin.

Um wie viel ist im Berichtszeitraum 2020 der Personalbestand zurückgegangen?
Stefan Heini: «Rund 185 Arbeitsplätze zählen nicht mehr zum Joint Venture. Dies liegt grossmehrheitlich an Verkäufen (unter anderem Akzidenzdruckerei Multicolor und Verbandszeitschriften an Galledia, AT Verlag an BT Holding). Kündigungen aufgrund von Produkteinstellungen gab es sehr wenige. Dies vor allem, weil wir Kurzarbeit eingesetzt haben.»

Wie viele Vollzeitstellen waren es zu Beginn und am Ende?
Heini: «Ende 2020 waren es rund 1400 FTE.» 

Börsenkotierte Firmen müssen die Kurzarbeitsentschädigung ausweisen. Wie sieht das bei CH Media aus?
Heini: «Seit Ausbruch der Pandemie haben wir rund achteinhalb Millionen Schweizer Franken an Kurzarbeitsentschädigung erhalten.»

Nach Informationen des Klein Report hat CH Media einen Teil der Belegschaft im Monat Februar 2021 in Kurzarbeit gehabt. Wie viel ist es letztlich geworden?
Heini: «Im Mittel für gesamt CH Media wurde circa 10% Kurzarbeit geleistet.»

Und wie ist der Stand für den Monat März?
Heini: «Vergleichbar mit Februar.»

Mit wie viel Staatshilfe rechnet CH Media für das Jahr 2021?
Stefan Heini: «Wir gehen neben der Kurzarbeitsentschädigung davon aus, dass sich das Parlament auf ein neues Medienpaket verständigt, wie es aktuell diskutiert wird. Wie viel das sein wird, können wir heute nicht sagen.» 

CH Media hat sich gemäss einer Studie der Otto-Brenner-Stiftung auch um Gelder von Google beworben. Wie viel ist bis heute ausbezahlt worden?
Heini: «Wir haben im vergangenen Jahr keine Gelder von Google beantragt oder erhalten.»

CH Media hat 2020 sämtliche Newsportale einem Relaunch unterzogen und auf eine gemeinsame technologische Basis gestellt. Wie hat sich dieser Schritt auf die Abozahlen ausgewirkt?
Heini: «Wir sind mit der Umstellung und der aktuellen Entwicklung sehr zufrieden. Circa acht Wochen nach Start ist es noch zu früh für eine erste Bilanz.» 

Das letzte Jahr war auch gezeichnet von einem Corona-Boom bei den abgeschlossenen Digitalabos von Zeitungen. Die Berichterstattung über Corona hat viele Neukunden angezogen. Inwiefern konnten auch die Titel von CH Media davon profitieren?
Heini: «Wir konnten von der Corona-Situation primär in Form häufigerer Zugriffe profitieren, jedoch weniger monetär, da vor Ende Januar 2021 noch nicht alle Newsportale eine Paywall hatten. Aber die Aboentwicklung insgesamt ist besser als in den vergangenen Jahren. 

Durch den Kauf von 3+ Ende 2019 ist es zu einer recht hohen Verschuldung bei CH Media gekommen. Wie viel konnte bereits anteilsmässig in Franken abgezahlt werden? Oder anders gefragt, wie hoch ist der Verschuldungsgrad nach Abschluss des Jahres 2020 noch?
Heini: «Wir bitten um Verständnis, dass wir als privat gehaltenes Unternehmen zu solchen Finanzierungsfragen keine Angaben machen. Grundsätzlich tilgen wir die Schulden wie vereinbart.»

Im Parlament wird demnächst wieder über eine Abgabe bezüglich der Streamingdienste zugunsten des einheimischen Filmschaffens verhandelt. Wie ist hier die Position von CH Media?
Heini: «Wir begrüssen grundsätzlich die Förderung Schweizer Filmproduktionen, und wir sind unserer Reinvestitionspflicht von 4 Prozent des Bruttoumsatzes bisher immer nachgekommen. Bisher konnten Schweizer Sender die Filmförderung auch in Form von Werbeleistung für Kinofilme erbringen. Neu soll dies gemäss Kulturbotschaft 2021–2024 nicht mehr möglich sein. Dagegen wehren wir uns. Ebenso wehren wir uns gegen die Höhe der Abgabe. Wir sprechen von einer vier- bis fünfmal höheren Abgabe als heute (!), aufgrund dessen, dass neu auch Streamingdienste und private ausländische Werbefenster Filmförderung leisten sollen. Hier soll also eine eigentlich staatliche Aufgabe auf dem Buckel der Privaten ausgetragen werden und gleichzeitig vier- bis fünfmal höher ausfallen – und die Schweizer TV-Sender wurden in der Vernehmlassung noch nicht einmal angehört.»

Die privaten TV-Sender in der Schweiz lobbyieren gegen die neue Filmförderung. Die Abgabe würde die Privatsender in ihrer Existenz gefährden, sagt Roger Elsener, TV-Chef bei CH Media. Was heisst das in Zahlen?
Heini: «Wir wehren uns nicht dagegen, dass neu auch Netflix und ausländische Sender mit Schweizer Werbefenster Filmförderung leisten sollen. Das ist aus unserer Sicht nur fair, da die Schweizer Sender ja auch Filmförderung leisten. Was wir nicht akzeptieren, ist die Schlechterstellung der Schweizer TV-Sender gegenüber Stand heute, sprich, dass wir die Filmförderung nicht mehr in Form von Werbeleistung erbringen können sollen. Müssten wir 4% der Bruttoeinnahmen in Cash entrichten, würde dies die Schweizer Sender in ihrer Existenz bedrohen. 4% der Bruttoeinnahmen entsprechen rund 80% des durchschnittlichen Gewinns eines mittelgrossen Schweizer Privatsenders. Angesichts des aktuell rückläufigen TV-Werbemarkts wäre dies verheerend.»

Die neu erworbenen Sender von CH Media produzieren bereits Filme in der Schweiz. 3+ zum Beispiel die Krimiserie «Bernegger & Juric». Kann diese Investition nicht bereits als Abgabe für die Filmförderung gelten?
Heini: «Ja, das ist möglich. In der Botschaft sollen aber nur Filme anrechnungswürdig sein. Das ist zu eng ausgelegt, wir erachten das als nicht korrekt. CH Media investiert jedes Jahr Millionen in Produktionen wie ‚Sing meinen Song – Das Schweizer Tauschkonzert‘, ‚Bauer, ledig, sucht ...‘ oder ‚Adieu Heimat‘. Wir erbringen damit einen wichtigen kulturellen Beitrag und beschäftigen unzählige Produzenten, Redaktorinnen, Kamerapersonal et cetera - also die gleichen Personen, die auch Spielfilme herstellen. Solche Produktionen sollen auch an die Filmförderungspflicht anrechenbar sein.»

Wäre es eine Lösung, wenn CH-Media in Zukunft mehr Schweizer Filme ausstrahlt?
Stefan
 Heini: «Wir strahlen bereits sehr viele Schweizer Spielfilme aus. Selbst Schweizer Spielfilme zu produzieren, ist indes für private Schweizer TV-Sender teuer und nur in Einzelfällen refinanzierbar. Beispielsweise gab es keine Fortsetzung von ‚Bernegger & Juric‘ auf 3+.»