Die Meldung, dass Christoph Blocher (75) laut über einen Verkauf der «Basler Zeitung» (BaZ) und über die Lancierung einer Gratis-Sonntagszeitung nachdenkt, hat in der Schweiz ein kleines Erdbeben ausgelöst. Lanciert hat die «Breaking News» Kurt W. Zimmermann, Chefredaktor des Branchenhefts «Schweizer Journalist». Der Klein Report hat mit Zimmermann telefoniert und mit ihm über die spannenden Medien-Pläne von Christoph Blocher gesprochen.
Sie schreiben, dass Christoph Blocher nach wie vor davon träumt, eine Pressestimme in der ganzen Deutschschweiz zu haben. Denkt er auch deshalb darüber nach, die «Basler Zeitung» zu verkaufen und stattdessen eine Sonntagszeitung zu lancieren?
Kurt W. Zimmermann: «Ein Mann wie Christoph Blocher, der die Schweizer Presselandschaft sehr gut beobachtet und sie deshalb auch bestens kennt, weiss eines haargenau: Er hat aus der BaZ, dem einst geschmähten Blatt, ein wichtiges Mosaikteil in der Schweizer Presselandschaft geschaffen. `Alle wollen die BaZ` hat er mir gesagt, nicht ohne Stolz. Aus der hässlichen Braut ist eine äusserst attraktive Braut geworden. Und mit ihr geht er jetzt auf Brautschau.»
Um die ausser Ringier alle buhlen?
Zimmermann: «Genau. Tamedia-Präsident Pietro Supino macht kein Geheimnis daraus, dass er sich eine nationale Zeitungsschiene vorstellen kann, die die wichtigsten Schweizer Städte Zürich, Basel und Bern bedient und über regionale Ableger verfügen wird. Und mit dem Kauf der BaZ würde er dieser Idee eines goldenen Dreiecks einen wichtigen Schritt näher kommen.»
Was hätte Tamedia im Gegenzug zu bieten?
Zimmermann: «Zuerst einmal ging es in den Gesprächen zwischen Blocher und Tamedia um einen Tausch. Christoph Blocher, so die Idee, gibt an Tamedia Basel-Stadt und bekommt von ihr Zürich-Land. Tamedia würde demnach die BaZ übernehmen. Blocher bekäme im Gegenzug Tamedias Zürcher Landzeitungen `Zürichsee-Zeitung`, `Zürcher Unterländer`, die Beteiligung am `Zürcher Oberländer` und allenfalls den `Landboten`. Er käme damit zu einer bedeutenden Deutschschweizer Zeitungsgruppe mit einer Gesamtauflage von 110 000 Exemplaren - und dies direkt zu Füssen seiner Villa in Herrliberg.»
Es scheint, als hätte Tamedia am meisten zu bieten. Doch die Verlegerfamilie Coninx ist bekanntlich kein Freund von Blocher. Ein Hinderungsgrund für den Big Deal?
Zimmermann: «Es ist klar, dass der Verwaltungsrat von Tamedia keinen Kauf oder Tausch durchbringt, wenn die Verlegerfamilie dagegen ist, da sie eine solide Mehrheit am Verlag hat. Der Tamedia-VR ist gegenüber Blocher eher skeptisch.»
Der lachende Zweite in diesem Spiel wäre dann auf einmal Peter Wanner, der bekanntlich schon seit vielen Jahren von dieser wichtigen Achse seiner AZ Medien im Mittelland träumt. Was hätte er im Gegenzug zu bieten?
Zimmermann: «Gesprächsthema zwischen der BaZ-Gruppe und den AZ Medien war: Peter Wanner bekäme die Mehrheit der BaZ und Christoph Blocher würde im Gegenzug eine Mehrheit an der `Schweiz am Sonntag` bekommen. Die Zeitung mit Patrik Müller an der Spitze hat ja schon bei der Masseneinwanderungs-Initiative bewiesen, dass sie Blochers Linie durchaus gutheissen kann. Das ist schon mal ein guter Boden für weiterreichende Verhandlungen.»
Last but not least nennen Sie auch die NZZ. Doch irgendwie ist sie die klare Nummer 3 bei diesem möglichen Big Deal, trotz bester Verbindungen zwischen Blocher und NZZ-Präsident Etienne Jornod.
Zimmermann: «Die `Basler Zeitung` würde gut an die Falkenstrasse passen, weil die NZZ-Gruppe in ihrer Strategie auf das publizistische Kerngeschäft fokussiert. Zudem sind sich die NZZ und ihr Basler Pendant auch ideologisch nahe gerückt. NZZ-Chefredaktor Eric Gujer und Markus Somm agieren oft auf derselben traditionell-bürgerlichen Linie. Das Problem der NZZ ist nur, dass sie Blocher wenig zu bieten hat. An ihren Regionaltiteln - wie dem `St. Galler Tagblatt` und den -`Neusten Luzerner Nachrichten` - wird sie ihm kaum eine Beteiligung zugestehen. Sie kann nur Geld bieten. Und das ist das Einzige, was Blocher nicht braucht.»
Geld ist ein gutes Stichwort: Falls keiner dieser Deals klappen würde, überlegt sich Christoph Blocher eine Gratis-Sonntagszeitung zu gründen. Was kostet ein solches Unterfangen?
Zimmermann: «100 bis 150 Millionen Franken müsste Blocher für eine Neulancierung schon aufwerfen. Das sagt er selbst. Und auch wenn Blocher von sich behauptet, dass dies seine Kräfte übersteige, weiss in der Schweiz jedes Kind, dass er das locker stemmen könnte. Er könnte also das Geld für eine neue Sonntagszeitung aufbringen.»
Wie konkret schätzen Sie seine Pläne ein?
Zimmermann: «Nun, drei Druckstandorte hat er für das Sonntagsprojekt schon gefunden. Auch der Businessplan wurde unter dem Codenamen `007` mehrmals durchgerechnet. Die Frage bleibt: Will er es wirklich? Fakt ist, dass auch Christoph Blocher nicht jünger wird. Will er seinen Traum von einer nationalen Pressestimme in der ganzen Deutschschweiz noch erfüllen, muss er vorwärts machen. Dessen ist er sich bewusst.»
Mehr dazu in der neusten Ausgabe des Branchenmagazins «Schweizer Journalist».