Die österreichische «Kronen Zeitung» feiert ihr 50-jähriges Bestehen. Am 11. April 1959 hatte Hans Dichand (88) die von den Nationalsozialisten vorübergehend eingestellte «Illustrierte Kronen-Zeitung» wieder zum Leben erweckt.
Und wie: In den ersten Jahren lag die «Krone» unter fünf Prozent Reichweite, heute sind es sagenhafte 41,9 Prozent, 2,94 Millionen Leserinnen und Leser gemäss Media-Analyse. Die Reichweite des deutschen Boulevardblattes «Bild» beträgt 17 Prozent.
Herausgeber Dichand hat das Kleinformat nicht nur zur auflagenstärksten Zeitung Österreichs gemacht; gemessen an der Einwohnerzahl des Landes gehört die «Kronen Zeitung» auch zu den weltweit reichweitenstärksten Zeitungen mit einem immensen Einfluss auf die österreichische Politik. Dichand gilt unter anderem wegen seiner Kampagnen als einer der begnadetsten, aber auch umstrittensten Blattmacher des Landes.
Nach einem Streit mit dem Herausgeber des «Kurier» verliess der damals 38-jährige Chefredaktor Dichand die Zeitung und kaufte die Titelrechte der «Illustrierten Kronen-Zeitung». Ein Kredit von der Zentralsparkasse und die finanzielle Unterstützung des damaligen ÖGB-Vizepräsidenten Franz Olah verhalfen Dichand 1959 zur Erfolgsgeschichte. Neun Jahre später war die Auflage der «Kronen Zeitung» erstmals höher als jene des Marktführers «Kurier».
Im Jahr 1988 gingen die «Kronen Zeitung» und der «Kurier» zusammen. Mit im Boot die deutsche WAZ-Mediengruppe aus Essen, die in neun europäischen Ländern über 500 Print-Titel verlegt. Es wurde die Mediaprint gegründet, die für Druck, Vertrieb, Anzeigen und Verwaltung der «Krone» und des «Kurier» zuständig ist, aber auch der Magazine «profil» und «trend».
Hans Dichand ist ein Phänomen: «Dichand hat einen besonderen Geruchssinn für Massenausdünstungen.» So beschrieb ihn einmal Gerd Bacher, mehrmaliger Indendant des ORF. Bacher war davor unter anderem Chefredaktor der Boulevardzeitung «Bild-Telegraf» (selig) und des daraus neu gegründeten Boulevardblattes «Express» (auch selig).
Österreichs grösste Vordenkerin und Kritikerin Elfriede Jelinek sagte über das Boulevardblatt einmal in der «Süddeutschen Zeitung»: «Die Massen lesen die `Kronen Zeitung`, das heisst, sie hören sich selbst beim Denken zu, ohne zu ahnen, dass man ihnen nur gibt, was sie immer schon gedacht haben. Sie freuen sich, dass es welche gibt, die sagen, was sie immer schon gesagt haben.» Auf diese Weise werde der Prozess des Denkens unterbrochen, noch ehe er beginnen könne, so Jelinek.
Der aus einfachen Verhältnissen stammende Hans Dichand hat es mit seiner Art zu einem geschätzten Vermögen von 500 Millionen Euro gebracht. In seiner Kunstsammlung finden sich nebst vielen alten Meistern Gemälde von Klimt, Schiele, Kokoschka oder Egger-Lienz.
Heute residiert Dichand in einer Villa in der teuren Grinzinger Kaasgrabengasse. Österreichische Medien kolportieren, dass dem 88-Jährigen jeden Monat 700 000 Euro an «Vorabgewinn» aus seinem Mediengeschäft überwiesen werden.
Ziemlich kompliziert sieht es mit der Nachfolge bei Familie Dichand aus: Chefredaktor der «Kronen Zeitung» ist heute Sohn Christoph Dichand (44). Seine Ehefrau Eva (34) leitet die Gratiszeitung «Heute». Dann sind da noch Michael (46) und Johanna (45), denen beiden keine journalistischen Ambitionen nachgesagt werden.
Sollte die blutjunge Erbmonarchie nicht spielen, könnte die Familie ihre Hälfte an die ungeliebte deutsche WAZ verkaufen, die ein Vorkaufsrecht hat. Wie auch immer: Hans Dichand will dem Sensenmann auf der Kommandobrücke entgegentreten, wie er selber zu Protokoll gab. Vorderhand wird jetzt aber erst einmal das Goldjubiläum ausgiebig gefeiert.