Zum ersten Mal hat der Schweizer Presserat seine neue Richtlinie zu Native Ads angewendet und eine Beschwerde gegen blick.ch teilweise gutgeheissen. Dass die Story vom Tabakkonzern Philip Morris bezahlt worden war, wurde im Teaser des Online-Portals nicht deutlich genug.
«Ist IQOS weniger schädlich als eine Zigarette?», titelte blick.ch im Juli 2018. In dem Beitrag ging es um «430 Wissenschaftler», die für Philip Morris in Neuenburg an einer «rauchfreien Zukunft» forschten. Die Autorenzeile, die auf blick.ch sonst üblich ist, fehlte.
Oberhalb des Titels war «Blick in Kooperation mit IQOS» vermerkt; IQOS ist die E-Cigaret-Marke von Philip Morris. In einer Fussnote stand: «Dies ist ein bezahlter Beitrag. ´In Kooperation mit...` bedeutet, dass Inhalte im Auftrag eines Kunden erstellt und von diesem bezahlt werden.» Und: «Dieser Sponsored Content wird vom Brand Studio produziert.»
Auf der blick.ch-Frontseite war auf dem Teaser unter dem Titel «430 Forscher tüfteln am Ende der Zigarette» das Logo der Firma IQOS zu sehen. Darunter erschien wieder die Formel «Blick in Kooperation mit IQOS».
Einen expliziten Hinweis darauf, dass es sich um eine bezahlte Story handelt, gab es auf der Frontpage nicht. Und auch optisch unterschied sich der Teaser nicht von den anderen Anrissen, die auf redaktionelle Storys verlinken.
Ein auf Lungenerkrankungen spezialisierter Arzt beschwerte sich beim Presserat: Die Leserschaft werde «irregeführt», anstelle eines journalistischen Artikels werde ihr ein Beitrag vorgesetzt, der Teil eines «systematischen Content Marketing von Philip Morris in Schweizer Medien» sei.
Mit der Argumentation, seine neuen Tabakprodukte seien weniger schädlich als die bisherigen Zigaretten, verfolge der Konzern das Ziel, weitere Werbebeschränkungen zu verhindern. Dabei ist laut dem beschwerdeführenden Pneumologen «nicht erwiesen», dass die sogenannten «reduce risk products» tatsächlich weniger schädlich sind als gewöhnliche Zigaretten.
Solch einordnende Informationen zu verschweigen, sei für ein Medium, das der Information seiner Leserschaft verpflichtet ist, weder professionell noch ethisch akzeptabel, protestierte der Arzt. Durch die als redaktioneller Beitrag getarnte Werbung mache sich «der Autor» zum «Komplizen der Tabakindustrie».
Beim Teaser auf der blick.ch-Frontseite stellt sich der Presserat hinter den Beschwerdeführer: «Der Hinweis, der Beitrag basiere auf einer Kooperation, genügt nicht, da der Durchschnittsleser kaum wissen wird, dass es sich bei einer solchen Kooperation um nichts anderes als Werbung handelt (das heisst eine Geschäftsbeziehung zwischen Werbetreibendem und Medium, bei der Geld fliesst )», so der Presserat in seiner ausführlichen Stellungnahme.
Aus Sicht des Presserats hat blick.ch mit dem Teaser deshalb die Native-Ad-Richtlinie des Berufskodex verletzt. Diese verlangt, dass werberische Inhalte, die nicht optisch eindeutig als Werbung erkennbar sind, explizit als «Werbung» deklariert werden müssen.
Gegen den Haupttext hatte der Presserat dagegen nichts einzuwenden. Dort sei die Deklaration unmissverständlich.
Die von Philip Morris gesponserte Geschichte erschien nur fünf Monate, bevor der Bundesrat seinen Entwurf zu einem neuen Tabakproduktegesetz Ende November 2018 ans Parlament überweisen hat. Darin geht’s auch um Werbebeschränkungen.