Nach einer episch langen Debatte stimmte der Nationalrat am Mittwoch der Totalrevision des Datenschutzgesetzes schliesslich mit 98 zu 68 Stimmen zu.
Unter Dach und Fach ist die verschachtelte Vorlage aber noch längst nicht. Der Ratslinken ist sie zu zahm, sie forderte Nachbesserungen, das Gesetz habe vor dem Volk keine Chance. Die meisten Forderungen nach mehr Datenschutz lehnte die Ratsmehrheit indessen ab.
Beim Katalog, was als schützenswerte Daten gilt, wollte die Mehrheit zum Beispiel «gewerkschaftliche Tätigkeiten» rausstreichen. Grünen-Nationalrat Balthasar Glättli zitierte erfolglos eine Europaratskonvention, die diese Daten als schützenswert einstuft. Auch für Daten von Verstorbenen sollen in Zukunft nach dem Willen der Mehrheit keine besonderen Regeln gelten.
Die SVP wiederum störte sich unter anderem daran, dass die EU Druck mache, den Datenschutz anzupassen. Schweizer Unternehmen müssten «von diesen unsinnigen EU-Auflagen» befreit werden, sagte zum Beispiel Gregor Rutz. Und sein Parteikollege Andreas Glarner kritisierte die «massive Anhäufung von unsinnigen Vorschriften», die desaströs wäre für KMUs. Das Gesetz sei ein «Konjukturprogramm für Anwälte».
Am meisten Zustimmung für die Vorlage gab es von FDP, CVP, BDP und von den Grünliberalen.
Neu will die grosse Kammer zudem, dass der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte nicht mehr vom Bundesrat, sondern vom Parlament bestimmt wird. Das war im Gesetzesentwurf des Bundesrates noch nicht drin.
Scheitert die Revision, könnten Wettbewerbsnachteile für Schweizer Unternehmen entstehen, wie unter anderen Justizministerin Karin Keller-Sutter sagte. Das Parlament in Bern steht unter Zeitdruck: Die EU hat ihr Datenschutzrecht 2018 überarbeitet und will bis im nächsten Frühjahr prüfen, ob der Datenschutz der Schweiz wieder Schritt halten kann. Ohne Revision stünden die Zeichen zurzeit schlecht.
«Wir kriegen ein zeitliches Problem, und wir behindern die Unternehmen dabei, frei Daten auszutauschen mit ihren wichtigsten Märkten», warnte unter anderen SP-Nationalrat Cédric Wermuth. Es mache keinen Sinn, «europapolitisch eine neue Flanke aufzutun».
Als nächstes wird der Ständerat über der Vorlage brüten.